Zwischen Unterhaltung und Interaktion
Über das Warum der Podcast-Nutzung
DOI:
https://doi.org/10.15460/kommges.2020.21.2.629Schlagworte:
Podcasts, Nutzungsmotive, Uses-and-Gratifications, Unterhaltung, Wissen, Interaktion, Owness, Eskapismus, Parasoziale InteraktionRedaktion und Begutachtung
Abstract
Mit Blick auf die gestiegene Relevanz von Podcasts ist es überraschend, dass die wissenschaftliche Literatur eher überschaubar ist. Insbesondere wurde bislang kaum betrachtet, aus welchen Motiven Podcasts rezipiert werden. Auf theoretischer Grundlage des Uses-and-Gratifications-Ansatzes (UGA) soll sich daher den Nutzungsmotiven angenähert werden. Mithilfe einer Online-Befragung (n=121) wurden insgesamt sieben Nutzungsmotive untersucht. Dabei konnten die Motive Unterhaltung und Wissen als sehr wichtig bestätigt werden. Als neue Erkenntnisse stellten sich die Motive Interaktion und Owness heraus. Eskapismus, Gewohnheit und parasoziale Beziehungen spielen eine eher untergeordnete Rolle bei den Nutzungsmotiven. Die Ergebnisse helfen, den Erfolg von Podcasts besser zu verstehen.
1 Einleitung
Etwa die Hälfte der Deutschen kennt den Begriff Podcast (Splendid Research 2018) und 29 Prozent der Deutschen hören mindestens einmal im Jahr einen Podcast (Domenichini 2018). Der Podcast-Trend wurde durch zwei Faktoren begünstigt: Die flächendeckende Durchdringung der Smartphone-Nutzung zum einen und der mobile Netzausbau (4G, LTE) zum anderen (ebd.). Zwar gehören die Deutschen im internationalen Vergleich zu den weniger aktiven Podcast-Nutzer:innen: Während in Deutschland rund 21 Prozent der Befragten im vergangenen Monat einen Podcast hörten, waren es in den USA 35 Prozent, in Spanien 39 Prozent und in Südkorea mit 53 Prozent sogar über die Hälfte der Befragten (Reuters Institute 2019: 87, 119, 109, 143). Dennoch scheint Podcasting in Deutschland zunehmend an Bedeutung zu gewinnen. So landete der deutsche Podcast Gemischtes Hack1 2019 auf Platz drei der weltweit am meisten gestreamten Podcasts auf Spotify (Spotify 2019).
Trotz der zunehmenden Relevanz von Podcasting im Medienalltag ist der Forschungsstand zu diesem Phänomen insgesamt als ausbaufähig zu bezeichnen. Zwar ist Podcasting als Lerninstrument (Raupach et al. 2015) oder im Kontext werblicher Zwecke, hier jedoch primär im Bereich kommerzieller Marktforschung (z.B. AS&S 2018), vergleichsweise gut erforscht. Weitgehend unbeantwortet ist dagegen bislang die Frage nach der Motivation zur Nutzung des Mediums im deutschsprachigen Raum. Diese Frage erscheint relevant, da sie darauf abzielt, den Erfolg des Mediums besser zu verstehen. Um diese Forschungslücke zu schließen, widmet sich dieser Beitrag daher spezifisch dem Warum der Podcast-Nutzung im deutschen Markt. Dabei sollen insbesondere die folgenden Forschungsfragen beantwortet werden:
F1: Wie oft und in welcher Hörsituation werden Podcasts konsumiert?
F2: Was sind die zentralen Hörmotive von Podcasthörer:innen?
F3: Lassen sich Zusammenhänge zwischen der Häufigkeit der Nutzung sowie der Hörsituation (F1) und den Hörmotiven (F2) erkennen?
Zur Beantwortung dieser Fragen wird auf den sogenannten Uses-and-Gratifications-Ansatz (UGA) zurückgegriffen – ein Ansatz zur Klärung, welche Gratifikationen Mediennutzer:innen dazu bewegt, sich einem Medium zuzuwenden. Im Folgenden werden zunächst in aller Kürze die Grundlagen des UGA dargestellt und dessen Eignung für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand begründet. Damit einhergehend werden anhand des Forschungsstands relevante Nutzungsmotive für Podcasts herausgearbeitet. Anschließend werden das Vorgehen der empirischen Untersuchung beschrieben, die Ergebnisse vorgestellt sowie abschließend zusammengefasst und kritisch diskutiert.
2 Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
Im Uses-and-Gratifications-Ansatz (UGA) werden Mediennutzer:innen als relativ autonome Individuen betrachtet, die die Auswahl eines Mediums aus verschiedenen Motiven vollziehen, um bestimmte Gratifikationen zu erlangen. Diese Gratifikationen entscheiden aus Perspektive des UGA letztlich darüber, welche Medien konsumiert werden. Der UGA ist daher grundsätzlich geeignet, Entscheidungen für bestimmte Medientypen – und damit den Erfolg von Podcasts – zu verstehen und auch zu prognostizieren (Dixon 1996). Darüber hinaus erscheint der UGA vielversprechend, um insbesondere die Nutzung digitaler Medien nachzuvollziehen, da diese in der Regel aktive Nutzer:innen voraussetzen, die bewusst bestimmte mediale Angebote auswählen (Rayburn 1996).
Katz und Foulkes (1962) formulierten drei Annahmen, auf denen der von ihnen begründete UGA basiert: 1) Rezipient:innen sind zielgerichtet in ihrem Verhalten, 2) sie sind aktive Mediennutzer:innen, und 3) sie sind sich ihrer Bedürfnisse bewusst und wählen ein Medium, um diese zu befriedigen (vgl. auch Lin 1999). Bedürfnisse gehen dabei auf einen Zustand des Mangels zurück, der befriedigt werden will. Im Gegensatz zu Trieben sind Bedürfnisse bewusst und lassen sich in der Regel verbalisieren (vgl. auch Maslow 1943). Die Begriffe Motive und Bedürfnisse werden häufig synonym verwendet. Jedoch lassen sich Motive als stärker klassifizierte, also konkretere Bedürfnisse, erklären. Motive lassen sich daher auch leichter adressieren, da sie bereits auf konkrete Handlungen weisen können (Sommer 2019). Selbstverständlich können Medien nicht sämtliche Bedürfnisse befriedigen. Jedoch gibt es viele Bedürfnisse und Motive, die mit unterschiedlichen Medienangeboten adressiert werden können.
Eine entscheidende Rolle bei der Frage, welchen Medieninhalten sich ein Individuum widmet, spielen sowohl die Erwartung an das Medium als auch die schließlich erhaltene Gratifikation (gratification sought und gratification obtained). Die Zusammenhänge zwischen der gesuchten Gratifikation und der erhaltenen Gratifikation entscheiden demnach über die Medienwahl: Je geringer die (erwartete) Differenz zwischen der gesuchten und der erhaltenen Gratifikation, desto eher wird ein:e Rezipient:in auf bestimmte Medieninhalte und -formate zurückgreifen (Rychetsky 2013). Auf Dauer entstehen dadurch routinierte individuelle Medienbewertungen und -images. Jedem Medium und dessen Inhalten wird ein spezieller Nutzen zugeschrieben, der die Auswahl des Medienangebotes in Zukunft erleichtern wird.
Im UGA wird in der Regel von folgender Motivtypologie ausgegangen (vgl. auch Bonfadelli/Friemel 2017):
Kognitive Motive: Kognitive Motive sind aus Perspektive des UGA das Resultat aus Unsicherheiten und Orientierungsproblemen. Durch sie entsteht der Wunsch nach Gratifikationen wie Informationen, Wissensanreicherung, Lernen und Selbsterfahrung. Medien wie Nachrichtenformate oder Lexika, aber auch Podcasts, können wichtige Informationen zur allgemeinen Orientierung im Alltag und Fakten zu politischen und gesellschaftlichen Umständen liefern.
Affektive Motive: Beispiele für affektive Emotionen sind Angst, Freude, Trauer, Überraschung oder Spannung. Affektive Motive sind Treiber, um gefühlsorientierte Bedürfnisse zu befriedigen. Medien werden konsumiert, um sich abzulenken oder aus dem Alltag zu entfliehen. Medieninhalte werden gewählt, um Spannung, unterhaltsame Geschichten oder Empathie zu erleben. Bei den affektiven Motiven geht es einem Individuum um Unterhaltung, Ablenkung bis hin zur „Verdrängung der Umweltanforderungen“ (Bonfadelli/Friemel 2017: 75). Dieser Aspekt wird auch unter dem Begriff des Eskapismus diskutiert (Katz/Foulkes 1962). Unter Eskapismus versteht man die Flucht in eine parallele ‚Medienwelt’, um dem Alltag zu entfliehen. Insbesondere unterhaltende Medien sind imstande dieses Bedürfnis zu bedienen (McQuail 1983). Da einige Studien bereits zeigen konnten, dass das Motiv Unterhaltung eine wichtige Rolle für die Podcastnutzung spielt (McClung/Johnson 2010; Swanson 2010; Chung 2008), kann auch Eskapismus als Nutzungsmotiv von Podcasts angenommen werden.
Sozial-interaktive Motive: Diese Motive stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem sozialen Umfeld der Rezipient:innen. So können z.B. Medieninhalte – auch aus Podcasts – in interpersonaler Kommunikation als Gesprächsgrundlage fungieren. Personen können sich über (aktuelles) Wissen differenzieren, sich von anderen Personen abgrenzen, oder sich einer Gruppe zugehörig fühlen. Teilweise können sich Rezipient:innen sehr intensiv mit Medienakteur:innen identifizieren, so dass sie eine quasi-freundschaftliche Beziehung aufbauen. Dieses Phänomen wird auch unter dem Begriff der parasozialen Beziehung diskutiert. Parasoziale Beziehungen sind im Unterschied zu tatsächlichen sozialen Beziehungen immer einseitig und asymmetrisch (Horton/Wohl 1956).
Integrativ-habituelle Motive: Diese Motive greifen, wenn sich eine Rezipientin bzw. ein Rezipient nach Stabilität und Geborgenheit sehnt. Medienangebote können diese Motive befriedigen, indem sie Rituale schaffen. Der Tatort am Sonntag, die Sitcom am Mittwochabend um 20.15 Uhr: Rezipient:innen wenden sich ritualisiert bzw. aus Gewohnheit Medieninhalten zu, um Stabilität im Alltag zu finden und diesen zu strukturieren.
Der UGA hat sich historisch bedingt zunächst auf die Analyse der Motive zur Nutzung klassischer Massenmedien bezogen. So hat eine Schlüsselstudie von Rubin (1981) gezeigt, dass Fernsehkonsum insbesondere mit den Motiven Zeitvertreib, Unterhaltung und Eskapismus verbunden ist. Als zentrale Motive für das intensive und häufige Hören von Talk-Radio- Programmen identifizierten Rubin und Step (2000) dagegen neben Unterhaltung auch die Möglichkeit zum Aufbau parasozialer Beziehungen.
In jüngerer Zeit wurden zudem Adaptionen des UGA auf die Nutzung digitaler Medien angewendet. So stellen etwa Whiting und Williams (2013) insgesamt zehn Motive heraus, die zur Nutzung von Social Media führen. Sundar und Limperos (2013) nehmen darüber hinaus an, dass die Digitalisierung zu ganz neuen Nutzungsmotiven führen kann, wie etwa dem der medienbasierten Interaktion (Sundar 2007) und entwickeln auf dieser Basis den UGA 2.0. Demnach verändert die Technologie der Medien nicht nur das Nutzungsverhalten, sondern bedingt auch neue Bedürfnisse. So entstehen neue Nutzungsmotive, die bei der Nutzung klassischer Medien keine Rolle spielen. Ferner entstehen neue Rituale (z.B. das regelmäßige Aktualisieren des Instagram-Accounts), neue instrumentelle Aktivitäten (z.B. Tracking des eigenen Gesundheitsverhaltens via App) oder neue Möglichkeiten der Nutzung in Bewegung (z.B. Netflix-Streaming in der U-Bahn).
Sundar und Limperos (2013) beschreiben vier neue Bedürfnis-Cluster: Modality, Agency, Interactivity und Navigability. In Bezug auf die jeweiligen Gratifikationen werden dabei zwei Gratifikationen als besonders relevant für die Podcastnutzung angenommen:
Owness: Nutzer:innen können digitale Medien so an ihre Präferenzen anpassen, dass diese potenziell eine Reflektion der eigenen Persönlichkeit darstellen. Medieninhalte können individualisiert und den eigenen Vorlieben angepasst werden. Beispielsweise können Podcastnutzer:innen als Kurator:innen eigener Interessen und Hörvorlieben fungieren: Abonnierte Podcasts werden in einer Mediathek gesammelt und erzeugen ein persönliches Hörprofil (z.B. bei Streamingdiensten).
Interaktion: Bei digitalen Medien hat die Nutzerin oder der Nutzer in der Regel die Möglichkeit, mit dem Medium zu interagieren, z.B. die Wiedergabengeschwindigkeit einzustellen, Inhalte beliebig oft hintereinander oder nur einzelne Ausschnitte zu rezipieren. Die Nutzung ist weniger passiv als bei analogen Medien. Das Medium selbst kann zudem unter Umständen die Wünsche der Rezipient:innen antizipieren und Vorschläge generieren (etwa Playlist-Empfehlungen bei Spotify).
In Bezug auf die Nutzungsmotive von Podcasts kommen McClung und Johnson (2010) zu dem Ergebnis, dass Podcasts insbesondere aufgrund der Gratifikationen Unterhaltung, ‚Timeshifting’, Wissensaufbau sowie sozialen Aspekten genutzt werden (McClung/Johnson 2010). Swanson (2010) konnte den Unterhaltungsfaktor als primäre Nutzungsmotivation bestätigen. Chung (2008) und Chung und Kim (2015) identifizierten sechs Motivationen, um Podcasts zu konsumieren: 1) Soziale Interaktion, 2) Unterhaltung/Entspannung/Erregung, 3) Bildung/Information, 4) Zeitvertreib/Eskapismus, 5) Gewohnheit und 6) Komfort.
Darüber hinaus existieren weitere Studien zur Podcastnutzung, die jedoch nicht übergreifend die Nutzungsmotive untersuchen, sondern sich auf Teilaspekte beziehen wie etwa das Engagement der Hörer:innen (Garcia-Marin 2020) oder das Potenzial für politische Partizipation (Chadha et al. 2012), das von Podcasts ausgeht. Andere Studien widmen sich den Nutzer:innen bestimmter Genres wie etwa True Crime-Serien (Boling/Hull 2018). Albarran et al. untersuchen die Podcastnutzung nur am Rande im Kontext von „new technologies like MP3 players, Internet radio, and satellite radio“ (Albarran et al. 2007: 92). Zudem existieren weitere Erkenntnisse zu einzelnen Nutzungsmotiven aus Marktforschungsstudien (z.B. A&B One 2019; Baaken 2019; BLM 2020).
Insgesamt wird im Hinblick auf den Forschungsstand deutlich, dass zwar erste Studien zur Analyse der Nutzungsmotivation von Podcasts vorliegen, deren Ergebnisse sich aber kaum generalisieren lassen. Darüber hinaus sind viele der existierenden Studien in den Anfangsjahren des Mediums entstanden. Da sich die Nutzungsmuster von Podcasts durch die Popularisierung von Streaming-Anbietern und der Marktdurchdringung des Smartphones seither deutlich verändert haben, ist eine empirische Erhebung aktueller Nutzungsmotive geboten.
3 Empirische Erhebung
3.1 Studiendesign und Stichprobe
Zur Erhebung der Podcastnutzung wurde im Zuge der vorliegenden Untersuchung eine Onlinebefragung durchgeführt. Hierfür wurden zunächst auf Basis der oben skizzierten grundlegenden Annahmen des UGA sowie des Forschungsstandes die folgenden sechs Nutzungsmotive ausgewählt: Unterhaltung, Information, Gewohnheit, Eskapismus, Owness, medienbasierte Interaktion und parasoziale Beziehungen. Bei der Auswahl wurden insbesondere jene Motive berücksichtigt, die sich in vorangegangen Studien als zentrale Treiber der Nutzung auditiver (Radio, MP3) sowie digitaler Medien gezeigt hatten.
Der Fragebogen wurde in drei Abschnitte aufgeteilt. Der erste Teil befasste sich mit den allgemeinen soziodemographischen Angaben der Befragten. Im zweiten Teil des Fragebogens wurden vier Items zur Podcastnutzung formuliert, die die Befragten u.a. anhand von Likert-Skalen einstufen konnten. Im dritten Teil des Fragebogens wurden erneut mithilfe von Likert-Skalen die einzelnen Motive der Podcastnutzung abgefragt. Mit dem Onlinebefragungs-Tool umfrageonline.com wurde anschließend der Fragebogen aufgesetzt. Um diesen auf Verständlichkeit und Stimmigkeit zu überprüfen, wurden fünf Personen für einen Pre-Test befragt und kleinere Anpassungen bezüglich der Logik umgesetzt. Zur Rekrutierung der Teilnehmer:innen wurde das Schneeballverfahren eingesetzt und ein Link zum Survey auf verschiedenen Social-Media-Kanälen sowie in Podcast-Foren geteilt.
Insgesamt schlossen 121 Personen den Fragebogen vollständig ab. Aufgrund der relativ niedrigen Teilnehmerzahl liegt keine repräsentative Befragung vor. 62,8 Prozent der Befragten sind weiblich, 36,4 Prozent männlich (eine Person gab „divers“ als Geschlecht an). Sowohl der Online-Audio-Monitor 2020 als auch die ARD/ZDF Langzeitstudie 2015 kamen zu dem Ergebnis, dass Männer mehr und regelmäßiger Podcast hören als Frauen (BLM et al. 2020; Engel/Breunig 2015). Da ein vergleichsweiser hoher Anteil an Frauen an der Befragung teilgenommen hat, kann davon ausgegangen werden, dass die Ergebnisse davon beeinflusst werden. Jedoch sei anzumerken, dass das Geschlecht keine Auswirkungen auf die angegebenen Gratifikationen hatte.
Bei Betrachtung der Altersstruktur lässt sich erkennen, dass die Mehrheit der Befragten unter 30 Jahre alt ist (62 %). 30 Prozent sind zwischen 30 und 49 Jahre alt und 8 Prozent über 50 Jahre. Im Vergleich zum Online-Audio-Monitor 2020 ist die Gruppe der unter 30-Jährigen in der Stichprobe überrepräsentiert und die der über 50-Jährigen unterrepräsentiert. Fast 80 Prozent der Teilnehmer:innen besitzen eine höhere Schulausbildung. Knapp ein Drittel davon haben Abitur oder Fachabitur und gut 60 Prozent einen Abschluss an einer Akademie, Fachhochschule oder Hochschule. Insgesamt haben 13 Personen entweder eine Ausbildung (11 %) oder gar keinen Abschluss (0,8 %); zu Haupt- oder Realschulabschluss gab es keine Angabe.
3.2 Ergebnisse: Podcastnutzung
Bei der Darstellung der Ergebnisse soll zunächst auf die Angaben zur Nutzung von Podcasts eingegangen werden, um F1 („Wie oft und in welcher Hörsituation werden Podcasts konsumiert?“) zu beantworten.
Anhand von Abb. 1 lässt sich erkennen, dass 85,9 Prozent der Befragten einmal in der Woche oder häufiger einen Podcast hören. Davon gaben 19,8 Prozent an, dass sie sogar täglich Podcasts konsumieren. Hörer:innen bis 29 Jahre hören täglich oder mehrmals in der Woche Podcasts, Hörer:innen zwischen 30 und 39 Jahren überwiegend mehrmals in der Woche und ab 40 Jahren wird durchschnittlich einmal in der Woche ein Podcast gehört.
Podcasts werden bevorzugt über Kopfhörer gehört (66,1 %). Handylautsprecher werden von 19 Prozent der Teilnehmer:innen verwendet und die Bluetooth-Box landet auf Platz drei der zur Wahl stehenden Übertragungswege (vgl. Tab. 1). Im Freitextfeld zu dieser Frage gaben vier Teilnehmer:innen (3,3 %) an, dass sie die Podcastnutzung über das Autoradio bevorzugen.
Audioübertragung | Häufigkeit | % |
Handylautsprecher | 23 | 19,0 |
Bluetooth-Box | 10 | 8,3 |
Kopfhörer | 80 | 66,1 |
Andere | 8 | 6,6 |
Gesamt | 121 | 100 % |
Anhand der Daten zu den bevorzugten Hörsituationen (siehe Tab. 2) lässt sich des Weiteren erkennen, dass Podcasts von den Befragten am häufigsten unterwegs, also im öffentlichen Nahverkehr, Zug oder Flugzeug gehört werden. An zweiter Stelle steht knapp dahinter das Hören zu Hause. Weniger populär sind das Hören zum Einschlafen oder während Wartezeiten.
1. ∑ / % |
2. ∑ / % |
3. ∑ / % |
4. ∑ / % |
5. ∑ / % |
6. ∑ / % |
Ø | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Zu Hause | 40x (33,06) | 35x (28,93) | 19x (1 | 16x (13,22) | 6x (4,96) | 5x (4,13) | 2,40 |
ÖPNV, Zug, Flugzeug | 47x (8 3,83) | 26x (2 1,49) | 23x (1 9,01) | 13x (1 0,74) | 4x ( 3,31) | 8x ( 6,61) | 2,38 |
Im Auto | 11x (9,09) | 20x (16,53) | 21x (17,36) | 14x (11,57) | 17x (14,05) | 38x (31,40) | 3,99 |
Während Hausarbeit | 6x (4,96) | 19x (15,57) | 23x (19,01) | 32x (26,45) | 18x (23,14) | 13x (10,74) | 3,79 |
Zum Einschlafen | 14x (11,57) | 8x (6,61) | 15x (12,40) | 21x (17,36) | 32x (26,45) | 31x (52,62) | 4,17 |
Während Wartezeit | 3x (2,48) | 13x (10,74) | 20x (16,53) | 25x (20,66) | 34x (28,10) | 26x (21,49) | 4,26 |
Am häufigsten werden Podcasts über Kopfhörer gehört. Das liegt sicherlich mitunter daran, dass das Audiomedium bevorzugt unterwegs (ÖPNV, Zug, Flugzeug) gehört wird. Zu gleichen Ergebnissen kommt auch eine Audible-Studie (Baaken 2019), wohingegen im Online-Audio-Monitor 2020 die Zuhause-Nutzung stärker ausgeprägt ist (BLM et al. 2020). Diese Verschiebung ist plausibel, da in der vorliegenden Stichprobe eine eher jüngere Zielgruppe erreicht wurde, die – wie die Ergebnisse zeigen – Podcasts eher unterwegs nutzen.
Die darauffolgende Frage befasste sich mit den bevorzugten Podcast-Genres. Anhand der deskriptiven Ergebnisse lässt sich deutlich erkennen, dass ‚Interview- und Unterhaltungspodcasts’ am häufigsten gehört werden (26 %) – und zwar von Frauen wie von Männern im gleichen Maße. Auch Wissenspodcasts sind sehr beliebt (20 %). Podcasts zu True Crime (14 %) liegen auf dem dritten Platz, die Themen Lifestyle und Gesundheit (13 %) sowie Nachrichten und Politik (13 %) teilen sich den vierten Rang. Mit Blick auf geschlechterbezogene Unterschiede fällt auf, dass sowohl Formate zu Lifestyle und Gesundheit als auch True Crime-Podcasts vorwiegend von einem weiblichen Publikum gehört werden. Podcasts zu Nachrichten und Politik hingegen sind eher bei Männern beliebt (siehe Abb. 2). Ebenso verhält es sich beim Podcast-Thema Business und Technologie (8 %), das – ähnlich wie Kultur (6 %) – in der Stichprobe insgesamt eine eher untergeordnete Rolle spielt.
Aufgeschlüsselt nach der Altersstruktur lassen sich folgende Ergebnisse zusammenfassen: Das beliebteste Podcast-Genre der 20- bis 59-Jährigen ist ‚Interviews und Unterhaltung’, wobei sich die Vorlieben der 20- bis 29-Jährigen und 30- bis 39-Jährigen kaum unterscheiden. Lediglich bei den über 60-Jährigen zeigt sich eine Auffälligkeit: Wissenspodcasts (40 %) werden von dieser Altersgruppe bevorzugt gehört. Unterhaltende Podcasts werden in nahezu allen Hörsituationen am meisten geschätzt. Im Auto werden hingegen lieber Wissenspodcast konsumiert. Im Auto werden Podcasts zudem am häufigsten von der Altersgruppe 50+ gehört.
3.3 Ergebnisse: Nutzungsmotive
Nach der Analyse der Nutzungsdauer und -situationen sollen im nächsten Schritt die Motive der Podcastnutzung ausgewertet werden, um F2 („Was sind die zentralen Hörmotive von Podcasthörer:innen?“) zu beantworten. Die nutzungsrelevanten Motive wurden zunächst mithilfe des arithmetischen Mittels untersucht. Dabei stellten sich die Motive „Interaktion” (MW=1,14), „Unterhaltung“ (MW=1,24) und „Wissen/Information“ (MW=1,43) als besonders wichtig heraus (siehe Tabelle 3), aus Gewohnheit (MW=2,27) werden Podcasts eher weniger genutzt. Die Motive „Eskapismus“ (MW=2,54) sowie „Parasoziale Beziehung“ (MW=2,62) erhielten die geringste durchschnittliche Zustimmung.
Motiv | MW | SD | Item | Quelle |
---|---|---|---|---|
Interaktion | 1,14 | 0,37 | „Es ist mir wichtig, dass ich Medieninhalte dann konsumieren oder pausieren kann, wenn ich es möchte“ | Sundar/Limperos (2013) |
Unterhaltung | 1,24 | 0,52 | „Ich höre Podcasts, da ich sie unterhaltsam finde“ | Ko et al. (2005) |
Wissen / Information | 1,43 | 0,64 | „Ich höre Podcasts, da sie eine gute Möglichkeit bieten, sich über unbekannte Dinge zu informieren“ | Ko et al. (2005) |
Owness | 1,80 | 0,73 | „Es ist mir wichtig, dass sich die Medieninhalte an meine individuellen Präferenzen anpasst“ | Sundar/Limperos (2013) |
Gewohnheit | 2,27 | 0,95 | „Ich höre Podcasts, weil sie zu meinem Alltag dazugehören“ | Ko et al. (2005) |
Eskapismus | 2,54 | 0,9 | a) „Wenn ich Podcasts höre, vergesse ich alles um mich herum“ b) „Wenn ich Podcasts höre, fühle ich mich, als wäre ich in einer anderen Welt“ |
Mathwick/Rigdon (2004) |
Parasoziale Beziehungen | 2,62 | 1,01 | a) „Mein/e Lieblin gspodcaster/In ist für mich wie ein/e Freund/In“ b) „Ich würde meine/n Lieblin gspodcaster/in gerne mal treffen“ |
Rubin et al. (1985) |
Weitere Gründe de r Podcastnutzung konnten die Befra gten über ein Textfeld ergänzenn. In den insgesamt 17 auswertbarennnn offenen Antwortenn wurde mit sechs S timmen ein Motiv am häufigsten gen annt: „Podcasting als Hintergrundrauschen im Alltag“. Auch Weiterbildungsthemen und spezielle Nischenthemen wurden als Nutzungsgrund aufgeführt.
3.4 Ergebnisse: Zusammenhänge zwischen Nutzung und Motiven
Im nächsten Schritt wurden mithilfe der schließenden Statistik Zusammenhänge zwischen der Art der Nutzung und den Nutzungsmotiven untersucht, um F3 (“Lassen sich Zusammenhänge zwischen der Intensität der Nutzung sowie der Hörsituation und den Hörmotiven erkennen?”) zu beantworten. Im Rahmen eines explorativen Vorgehens wurden zunächst sämtliche Motive auf einen Zusammenhang mit der Nutzungshäufigkeit und der Hörsituation getestet.2 Im Folgenden werden die relevantesten Ergebnisse präsentiert.
Um einen Zusammenhang zwischen der Nutzungshäufigkeit und dem Motiv Gewohnheit zu bestimmen, wurden die entsprechenden Items herangezogen (siehe Tabelle 3). Die Aussagen zur Nutzung sowie die Zustimmungswerte für das Motiv Gewohnheit wurden zur Ermöglichung des Korrelationstests umcodiert. Da p<0.05 konnte mithilfe des Korrelationstests nach Spearman ein hoch signifikanter Zusammenhang zwischen der Nutzungshäufigkeit und der Gewohnheit festgestellt werden. Es besteht eine mittlere Korrelation (p=3.78e-11; rho=0,55). Das folgende Streudiagramm (Abb. 3) zeigt den Grad der Korrelation.
Auch zur Prüfung des Zusammenhangs zwischen der Nutzungshäufigkeit und dem Motiv Eskapismus wurden die entsprechenden Items herangezogen; von den zwei Eskapismus-Items wurde hierfür ein Mittelwert gezogen. Mithilfe des Korrelationstest nach Spearman konnte keine Signifikanz festgestellt werden und eine sehr geringe positive Korrelation (p=0,37; rho=0,08) – den Grad der Korrelation verdeutlicht das folgende Streudiagramm (Abb. 4).
Zusätzlich zur Nutzungshäufigkeit wurden mögliche Zusammenhänge zwischen der Art der Audioübertragung und den Motiven der Podcastnutzung explorativ geprüft. Hierbei wurde in Bezug auf die Variable Audioübertragung zwischen ‚Kopfhörer’ und ‚Andere Audioübertragungsmittel’ unterschieden. Von besonderem Interesse war das Motiv Eskapismus, für das in einer Studie von A&B One (2019) ein Zusammenhang zur Nutzung von Kopfhörern beschrieben wurde. Zur Prüfung des Zusammenhangs wurde auch hier der Mittelwert der zwei Eskapismus-Variablen verwendet. Mithilfe des Korrelationstests nach Spearman wurden Signifikanz und Grad der Korrelation bestimmt. Anhand der Korrelationsanalyse ließ sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Art der Audioübertragung und dem Motiv Eskapismus erkennen. Die Korrelation der zwei Variablen ist positiv, jedoch eher gering (p=0,001; rho=0,28).
Für eine anschaulichere Darstellung wurden die Angaben der Likert-Skala vereinfacht (Stimme zu; Stimme eher zu = eher Eskapismus // Stimme eher nicht zu; Stimme nicht zu = eher kein Eskapismus) und die ermittelten Werte in eine Häufigkeitstabelle übertragen. Anhand dieser Darstellung (siehe Tab. 4) lässt sich das Ergebnis der Korrelationsanalyse bestätigen: Das Hören von Podcasts über Kopfhörer hat eine Auswirkung auf die Relevanz des Motivs Eskapismus. So geben 35 Prozent der über Kopfhörer Hörenden geben an, dass Eskapismus für sie ein relevantes Motiv ist. Bei Befragten, die andere Mittel zur Audioübertragung verwenden, sind es hingegen nur 14,6 Prozent.
Eher Eskapismus ∑ / % |
Eher kein Eskapismus ∑ / % |
Gesamt | |
---|---|---|---|
Kopfhörer | 28 (35,00) | 52 (65,00) | 80 |
Andere Audioübertragungsmittel | 6 (14,63) | 36 (85,37) | 41 |
Gesamt | 34 | 87 | 121 |
Zwischen dem Hören von Podcasts über Kopfhörer und dem Motiv der parasozialen Beziehung konnte indes keine Korrelation festgestellt werden.
Im Hinblick auf die abgefragten soziodemografischen Merkmale konnte kein Zusammenhang zwischen der Variable Geschlecht und den untersuchten Nutzungsmotiven ermittelt werden. Lediglich zwischen Alter und den zwei Motiven des UGA-2.0 (Owness, Interaktion) lässt sich eine geringe Korrelation (p=0,01; rho=0,2) erkennen. Demnach scheinen die jüngeren Teilnehmer:innen einen größeren Wert auf die Motive Owness und Interaktion zu legen als ältere Befragte. Der Bildungsgrad zeigt einen geringen Zusammenhang mit dem Motiv Eskapismus (p=0,00; rho=0,3 – je geringer die Bildung, desto höher der Eskapismus) und den UGA-2.0-Motiven (p=0,00; rho=0, 26 – je geringer die Bildung, desto höher UGA-2.0-Motive).
4 Zusammenfassung und Diskussion
An dieser Stelle sollen die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst und kurz diskutiert werden. Zunächst zur Stichprobe: Diese ist nicht repräsentativ, so dass grundsätzlich kein Anspruch auf eine Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse auf die Grundgesamtheit aller Podcast-Hörer:innen erhoben wird. Die Stichprobe setzt sich aus 62,8 Prozent weiblichen und 36,4 Prozent männlichen Befragten zusammen. In bisherigen Marktstudien wurde die bzw. der durchschnittliche Podcast-Hörer:in jedoch als mehrheitlich männlich beschrieben (vgl. BLM et al. 2020), weshalb sich eine Abweichung der vorliegenden Ergebnisse von der tatsächlichen Podcastnutzung vermuten ließe. Zumindest in Bezug auf die Nutzungsmotive erscheint diese Abweichung jedoch vernachlässigbar: Unsere Korrelationsanalysen zeigen keinen Zusammenhang zwischen der Variable Geschlecht und den angegebenen Nutzungsmotiven. Mit Blick auf die Altersverteilung ist die Gruppe der 20- bis 29-Jährigen mit 62 Prozent in der vorliegenden Untersuchung überproportional vertreten. Dies erscheint nachvollziehbar, da diese Gruppe digitale Audioangebote am intensivsten nutzt: Laut Online-Audio-Monitor nutzen 94 Prozent der 14-29-jährigen Online-Audio-Angebote, während dies in der Altersgruppe 50+ nur 53 Prozent angeben, jedoch mit stark steigender Tendenz (BLM et al. 2020).
Anschließend wurde die Nutzungshäufigkeit und -situationen erhoben. Ein Großteil der Befragten (67 %) hört demnach täglich oder mehrmals in der Woche einen Podcast. Am häufigsten werden Podcasts über Kopfhörer gehört, was darauf zurückzuführen sein dürfte, dass sie bevorzugt unterwegs (ÖPNV, Zug, Flugzeug) rezipiert werden. Zu ähnlichen Erkenntnissen kommt der Audible Hörkompass (Baaken 2019), wohingegen laut Online-Audio-Monitor die Nutzung zu Hause am beliebtesten ist (BLM et al. 2020). Diese Unterschiede scheinen insofern plausibel als die Stichprobe in der vorliegenden Studie im Schnitt jünger war, und jüngere Befragte Podcasts eher unterwegs nutzten. Das favorisierte Genre variierte in der vorliegenden Untersuchung kaum je nach Hörsituation – nur im Auto werden bevorzugt Podcasts aus dem Bereich Wissen gehört. Ansonsten dominieren die Genres Unterhaltung und Interviews in den übrigen Hörsituationen.
Im dritten Teil der Befragung wurden auf Basis des UGA die Nutzungsmotive der Podcast-Hörer:innen abgefragt. Anhand der Erkenntnisse dieses Teils lässt sich zusammenfassend feststellen, dass Podcasts primär aufgrund von affektiven und kognitiven Motiven rezipiert werden. Eindeutig gezeigt werden konnte, dass die befragten Hörer:innen Podcasts nutzen, um sich zu unterhalten oder zu informieren. Dies bestätigt teilweise die Erkenntnisse von McClung und Johnson (2010), Swanson (2010) und Chung (2008). Nicht bestätigt werden kann hingegen das Nutzungsmotiv Eskapismus, das zumindest bei Chung (2008) auf dem dritten Rang der relevanten Motive herausgestellt wurde. McClung und Johnson (2010) identifizierten darüber hinaus den Austausch mit anderen Hörer:innen über Podcasts als wichtiges Nutzungsmotiv. Dieses Motiv wurde von uns nicht untersucht, was als Limitation des vorliegenden Beitrags gewertet werden kann. Da aus dem Forschungsstand eine hohe Relevanz der kognitiven, affektiven und integrativ-habituellen Nutzungsmotive hervorgeht, haben diese ebenfalls die Basis für unsere empirische Untersuchung gebildet. Folgende Studien sollten ebenfalls soziale Aspekte der Podcastnutzung fokussieren.
Neue Erkenntnisse ergeben sich durch die Anwendung des UGA-2.0. Mit sehr hohen Zustimmungswerten war Interaktion von allen sieben getesteten Motiven das relevanteste. Podcast-Hörer:innen scheinen demnach besonderen Wert auf Interaktion mit dem Medium zu legen bzw. diese als einen wichtigen Vorteil des Mediums anzusehen. Interaktion bedeutet im Fall Podcasting z.B. einen Podcast zu starten oder zu pausieren, wenn es gewünscht ist. Diese Möglichkeiten bieten vergleichbare lineare Medien, wie etwa das Radio, nicht in gleichem Maße. Durch die zunehmende Orientierung der digitalen Mediennutzung in Richtung von On-Demand-Diensten wie Spotify oder Netflix scheint die Relevanz von Interaktion-Funktionalitäten zu steigen. Besonders für jüngere Altersgruppen sind beide Motive des UGA-2.0 von hoher Wichtigkeit: Auch Owness, also das Bedürfnis, dass Medieninhalte eigene Vorlieben reflektieren, kann für die Gruppe der Befragten als wichtiges Nutzungsmotiv bestätigt werden.
Mit Blick auf die Nutzungsmotive wurde außerdem geprüft, ob einzelne Bedürfnisse einen Einfluss darauf haben, wie häufig Podcasts rezipiert werden. Die Ergebnisse hierzu waren unterschiedlich: So konnte kein Zusammenhang zwischen der Nutzungshäufigkeit und dem Motiv Eskapismus festgestellt werden. Das lässt sich möglicherweise dadurch erklären, dass Eskapismus insgesamt für die hier befragten Podcast-Hörer:innen kein zentrales Motiv darstellt bzw. sie nicht dazu bewegt, das Medium häufiger zu nutzen. Es ließ sich jedoch feststellen, dass User:innen häufiger das Motiv Eskapismus nennen, wenn sie Podcasts über Kopfhörer hören. Zu ähnlichen Erkenntnissen kam eine qualitative Studie von A&B One (2019).
Der Wunsch parasoziale Beziehungen zu knüpfen, spielt in den Ergebnissen unserer Befragung ebenfalls nur eine untergeordnete Rolle als Nutzungsmotiv. Podcasts sind in der von uns untersuchten Stichprobe offenbar nur begrenzt imstande, parasoziale Beziehungen entstehen zu lassen. Dies deutet darauf hin, dass Podcasts sich im Hinblick auf diese Nutzungsdimension vom Medium Radio unterscheiden (Rubin/Step 2000). Jedoch finden sich in der Podcast-Forschung dazu auch konfligierende Erkenntnisse. So zeigt Wrather, dass Podcasts durchaus das Potenzial haben „strong audience connections“ (Wrather 2016: 43) aufzubauen. Entsprechend erscheint es vielversprechend die Rolle parasozialer Beziehungen im Kontext der Podcastnutzung weiter zu untersuchen. Zwischen der Nutzungshäufigkeit und dem Motiv Gewohnheit konnte eine Korrelation aufgezeigt werden. Je häufiger Podcasts also gehört werden, desto eher wird das Medium aus Gewohnheit genutzt. Podcasts sind demzufolge imstande, sich fest in den Alltag zu integrieren und wiederholt – routiniert – konsumiert zu werden. Da ein Großteil der Befragten zu den intensiven Nutzer:innen gezählt werden kann, lässt sich insgesamt schlussfolgern, dass Podcasts in der Lage sind zentrale Bedürfnisse dieser Nutzungsgruppe zu befriedigen und der gesuchte Nutzen und die erhaltene Gratifikation aus Sicht dieser Nutzer:innen übereinstimmen. Aus Perspektive des UGA kann damit der Erfolg des Mediums Podcasts über die genannten Nutzungsmotive erklärt werden.
Kritisch zu reflektieren sei jedoch abschließend, dass der UGA zum einen überindividuelle, bzw. sozialstrukturelle Einflussfaktoren auf den Medienkonsum, wie sie etwa für Bourdieus Habitus-Feld-Modell (Bourdieu 1984; Rudeloff 2013) elementar sind, nicht berücksichtigt. Diese Einflussfaktoren hätten dementsprechend mithilfe einer anderen theoretischen Grundlage bzw. methodischen Anlage der Studie stärker in den Fokus gerückt werden können. Zum anderen geht der UGA von der prinzipiellen Bewusstheit der Bedürfnisse der Mediennutzer:innen aus – latente bzw. unbewusste Entscheidungsfaktoren werden damit als Erklärungsfaktoren unterbewertet. Komplexere Motive, wie Eskapismus und parasoziale Interaktion, sind gleichzeitig mit standardisierten Befragungen nicht immer adäquat zu erfassen. Entsprechend erscheint die Triangulation quantitativer und qualitativer Methoden bei der weiteren Erforschung der Podcastnutzung sinnvoll.
Literatur
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Datenverfügbarkeit
Alle relevanten Daten befinden sich innerhalb der Veröffentlichung.
Interessenskonfliktstatement
Die Autor:innen erklären, dass ihre Forschung ohne kommerzielle oder finanzielle Beziehungen durchgeführt wurde, die als potentielle Interessenskonflikte ausgelegt werden können.
https://open.spotify.com/show/7BTOsF2boKmlYr76BelijW?si=RER3TxhlQLu5en23ESAcwQ (Zugriff am 14.10.2020).↩︎
Die Tests erfolgten mittels Korrelationstest nach Spearman, da der Grad der Korrelation und die Signifikanz zweier ordinalskalierter Variablen bestimmt werden sollte.↩︎
8 von Crossref erfasste Zitate
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Vera Katzenberger et al. (2022)
Book content
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Werbung und PR im digitalen Zeitalter
Volker M. Banholzer et al. (2023)
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Neue Wege in der Prävention des berufsbedingten Hautkrebses: Konzeption einer Podcast-Episode für Beschäftigte in Außenberufen
Michaela Ludewig et al. (2024)
Prävention und Gesundheitsförderung
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Corporate Communication Through Podcasts: The Impact of Voice-Fit and Attention During Listening on Parasocial Interaction with the Host and Persuasive Effects
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Das Virus im Netz medialer Diskurse
Désirée Kriesch (2022)
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2 von Semantic Scholar erfasste Zitate
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- Neue Wege in der Prävention des berufsbedingten Hautkrebses: Konzeption einer Podcast-Episode für Beschäftigte in Außenberufen
Michaela Ludewig et al. (2024)
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