Führung im Wandel
Wie New Work die Rolle der Führungskraft neu definiert
DOI:
https://doi.org/10.15460/apimagazin.2025.6.2.247Schlagworte:
Digitalisierung, New Work, New LeadershipBegutachtung
Abstract
Die Digitalisierung und Globalisierung haben die Arbeitswelt nachhaltig und tiefgreifend verändert. Als Reaktion auf diesen Wandel etabliert das Konzept New Work eine neue Art des Arbeitens. Dieser im Rahmen des Masterstudiengangs „Digitale Transformation der Informations- und Medienwirtschaft“ entstandene Beitrag beleuchtet, wie sich die Rolle der Führungskraft im Kontext von New Work verändert und welche Prinzipien diesen Wandel prägen. Auf Basis einer umfassenden Literaturrecherche wird zunächst das Konzept New Work vorgestellt, das auf den Kernwerten Freiheit, Selbstverwirklichung und Sinn basiert. Dabei wird analysiert, wie diese Werte die Erwartungen von Mitarbeitenden an ihre Arbeitsumgebung und ihre Führungskräfte heute beeinflussen. Anschließend wird das Konzept New Leadership als zentrale Säule von New Work untersucht. Da bislang eine einheitliche Definition dieser neuen Art der Arbeit fehlt, existieren zahlreiche unterschiedliche Ansätze. In diesem Artikel werden diese Konzepte systematisch gegenübergestellt und kritisch reflektiert sowie im weiteren Verlauf klassischen Führungsansätzen gegenübergestellt. Ziel dieser Arbeit ist es, eine fundierte Analyse der neuen Führungsansätze zu liefern und deren Potenzial für eine moderne Arbeitswelt herauszuarbeiten.
1 Einleitung
Laut dem Gallup Report 2024 sinkt das Wohlbefinden vor allem bei jüngeren Mitarbeitenden, während gleichzeitig die höchsten je gemessenen Stresswerte bei Beschäftigten zu verzeichnen sind (Gallup 2024, S. 1). Dies führt dazu, dass sogar 39 % der Deutschen über einen Jobwechsel nachdenken (Gallup 2024, S. 118). Mehr denn je erfordert dies eine Neuausrichtung der Führung sowie Führungskräfte, die in der Lage sind, ihre Mitarbeitenden gezielt zu unterstützen und ihr Engagement nachhaltig zu fördern (Clifton 2024). Dies soll durch New Leadership möglich sein – die neue Art des Führens im Kontext von New Work (Czechowski 2023).
Wenn man sich mit der Definition von New Work und New Leadership auseinandersetzt, wird schnell klar, dass es keine einheitliche Definition und Leitlinien gibt. Dies verdeutlicht, dass der Forschungsstand in diesem Themengebiet noch nicht weit entwickelt ist und die empirische Datenlage keine klare Aussage erlaubt (Hackl et al. 2017, S. 1). Aber es wird dennoch deutlich, dass sich die Arbeitswelt in einem Wandel befindet, der durch gesellschaftliche und unternehmerische Veränderung getrieben wird. Nicht zuletzt muss sich auch die Führung diesem Wandel unterziehen und die Rolle der Führungskraft neu definiert werden (Hackl et al. 2017, S. 1f., 42). Obwohl es zahlreiche Bücher und Fachartikel zum Thema Führung gibt, ist das Konzept von New Leadership noch nicht klar erforscht.
Das Ziel dieses Artikels ist es, darzustellen, wie New Leadership in der aktuellen Literatur definiert und erforscht wird. Dabei sollen die folgenden Forschungsfragen beantwortet werden:
- Wie verändert New Work die Art der Führung und wie kann man New Leadership definieren?
- Wie unterscheidet sich New Leadership zu traditioneller Führung?
Zunächst werden die theoretischen Grundlagen von New Work und New Leadership aus der Literatur aufgearbeitet. Auf dieser Basis wird analysiert, wie sich die Rolle der Führung verändert hat und wie sich New Leadership von traditioneller Führung unterscheidet. Zuletzt werden die Erfolgsfaktoren von New Leadership ausgearbeitet. Dieser Überblick bildet die Grundlage für den Diskussionsteil, in dem die aufgezeigten Konzepte kritisch beleuchtet werden. Die für diese Untersuchung gewählte Methodik ist eine reine Literaturrecherche. Ziel dieser Methode war es, den aktuellen Stand der Forschung systematisch zu erfassen, zu analysieren und kritisch zu bewerten. Die Literaturrecherche ermöglicht eine fundierte theoretische Grundlage und bietet eine umfassende Übersicht über bestehende Erkenntnisse und Forschungslücken.
2 Theoretische Grundlagen von New Work
2.1 Was ist New Work?
Mit dem Begriff New Work wird der Wandel der Arbeitswelt im heutigen globalen und digitalen Zeitalter beschrieben (Haufe Akademie o.D.; Helmold et al. 2023, S. 1). Dieser Ansatz wurde erstmals in den 1980er Jahren von dem Sozialphilosophen Frithjof Bergmann entwickelt (Helmold et al. 2023, S. 1). Mit New Work schuf Bergmann ein alternatives Modell zur klassischen Erwerbstätigkeit, das den Fokus auf die Freiheit legt. Dabei versteht Bergmann Freiheit nicht als die Wahl zwischen verschiedenen Optionen, sondern als die Fähigkeit, Tätigkeiten auszuüben, die als wirklich bedeutungsvoll erachtet werden und mit den eigenen Überzeugungen übereinstimmen (Helmold 2022, S. 2). Demnach soll die klassische Lohnarbeit durch zwei Komponenten ergänzt werden: erstrebenswerte Arbeit sowie eine Kombination aus intelligentem Konsumverhalten und technologiebasierter Selbstversorgung (Bendel 2021). New Work war somit ursprünglich eine Reaktion Bergmanns auf das frühkapitalistische System, das unzeitgemäße Arbeitsmodelle reformieren und an eine neue Definition von Arbeit anpassen sollte (Bergmann 2019, zitiert nach Helmold 2022, S. 2f.). In seiner Forschung identifiziert Helmold acht zentrale Elemente von New Work, die Bergmann in seiner Arbeit beschrieben hat (Helmold et al. 2023). Wie in Abbildung 1 ersichtlich, gehören zu diesen wesentlichen Elementen neben der bereits genannten Freiheit insbesondere Partizipation und Selbstverwirklichung. Diese Prinzipien finden sich auch heute unter dem Oberbegriff New Work wieder und prägen aktuelle Debatten über moderne Arbeitskonzepte.
Abb. 1: Elemente von New Work (Quelle: Helmold 2022, S. 2)
2.2 Wie wird New Work heute angewandt?
Während Bergmann New Work ursprünglich als ein spezifisches Arbeitsmodell definierte, wird der Begriff heute eher allgemein verwendet und umfasst verschiedene Konzepte der modernen Arbeitswelt (Hackl et al. 2017, S. 5f.). Spätestens seit der COVID-19-Pandemie waren Unternehmen gezwungen, neue Arbeitsweisen zu implementieren und sich intensiver mit New Work auseinanderzusetzen (Helmold 2022, S. V; Zukunftsinstitut 2023). Der Begriff fungiert dabei sowohl als theoretischer Ansatz als auch als Bewegung, um auf grundlegende gesellschaftliche und unternehmerische Veränderungsprozesse zu reagieren (Hackl et al. 2017, S. 44). Auf diese Weise erkennen Unternehmen allgemeine Trends und perspektivische Entwicklungen und nutzen New Work gezielt als strategischen Vorteil (Hackl et al. 2017, S. 45). Darüber hinaus umfasst der Ansatz zentrale Themen wie Flexibilität, beispielsweise durch individuelle Arbeitszeiten oder agile Strukturen, aber auch vielfältige Karrierewege und den Wissenstransfer durch interdisziplinäre Projekte (Helmold 2022, S. 5). Gemäß der „4S-Perspektive der neuen Arbeit” von Hackl et al. (2017) sollte Arbeit vier wesentliche Aspekte umfassen: Selbstverwirklichung, Sicherheit, Sinn und Sozialleben (Hackl et al. 2017, S. 38). Das übergeordnete Ziel von New Work besteht daher darin, all diese Aspekte zu integrieren, um die Zufriedenheit der Mitarbeitenden langfristig zu steigern (Hackl et al. 2017, S. 49).
3 Die Bedeutung und Kernprinzipien von New Leadership
3.1 Definition von New Leadership
Dieser Wandel der Arbeit benötigt auch einen Wandel der Führungstheorien, die den Anforderungen disruptiver Innovationen und der Globalisierung gerecht werden (Benmira und Agboola 2021, S. 4). Sucht man nach einer allgemeingültigen Definition von New Leadership, zeigt sich schnell, dass es ähnlich wie bei New Work an einer einheitlichen Definition fehlt (Helmold et al. 2023, S. 49). In der einschlägigen Literatur wird die neue Art der Führung unter verschiedenen Konzepten beschrieben. Für einen übersichtlichen Vergleich werden die Definitionen der aus der Literatur identifizierten Konzepte Digital Leadership, Liquid Leadership, Agile Leadership und* Servant Leadership* in Tabelle 1 gegenübergestellt.
Die Analyse zeigt, dass die verschiedenen Leadership-Konzepte zwar gemeinsame Kernprinzipien aufweisen, sich jedoch in ihren spezifischen Schwerpunkten unterscheiden. Alle Ansätze betonen die Menschzentrierung, Flexibilität und die Anpassung an eine dynamische Arbeitswelt. Dennoch setzen sie unterschiedliche Akzente: Während Digital Leadership die Integration technologischer Innovationen und die digitale Transformation in den Fokus rückt, liegt bei Agile Leadership die Priorität auf der Fähigkeit, sich schnell an Veränderungen anzupassen (Ehmann 2019, S. 2). Servant Leadership hingegen konzentriert sich auf die Unterstützung und Weiterentwicklung der Mitarbeitenden, um deren volles Potenzial zu entfalten, während Liquid Leadership die Bedeutung flacher Hierarchien und die Förderung der Zusammenarbeit in Netzwerken hervorhebt. Diese Konzepte spiegeln die Anforderungen der modernen Arbeitswelt wider, indem sie traditionelle, hierarchische Führungsmodelle durch agile, kollaborative und technologieorientierte Ansätze ersetzen. Auffällig ist jedoch, dass in der Literatur häufig mehrere Leadership-Konzepte synonym verwendet oder miteinander vermischt werden. So beschreibt Ehmann (2019, S. 1ff.) Digital Leadership als Synonym für Führung in einer agilen Welt. Ebenso thematisieren Slogar und Jochem (2024, S. 17) in ihrem Ratgeber zu Liquid Leadership auch Aspekte von Agile Mentors und Servant Leaders. Dies verdeutlicht, dass die Konzepte oft ineinandergreifen und sich ergänzen, sodass eine klare Abgrenzung in der wissenschaftlichen Literatur häufig nicht gegeben ist.
Tab. 1: Gegenüberstellung der identifizierten Leadership-Konzepte
(eigene Darstellung)
3.2 Die Transformation der Führungsrolle
New Leadership und die darunterfallenden Konzepte markieren einen grundlegenden Wandel in der Führung und unterscheiden sich deutlich von traditionellen Führungsmodellen. Tabelle 2 stellt die traditionelle und die moderne Führung gegenüber und hebt die wesentlichen Unterschiede klar hervor. New Leadership löst sich von traditionellen Ansätzen, die Führung als einen hierarchischen und einseitigen Prozess definieren (Czechowski 2023). Moderne Führung in Zeiten von New Work stellt den Menschen in das Zentrum und findet einen Kompromiss aus dem Führen und dem Vertrauen auf die Eigenverantwortung von Mitarbeitenden, wobei man stets auf Augenhöhe interagiert (Helmold et al. 2023, S. 8, Czechowski 2023). Somit zielt New Leadership nicht auf einen autoritären Führungsstil ab, bei dem eine einzelne Person Kontrolle über die Organisation ausübt und alleinige Entscheidungen trifft (Czechowski 2023). Stattdessen sollen Führungskräfte ihren Mitarbeitenden mit Empathie begegnen, sie befähigen und motivieren (Helmold et al. 2023, S. 50). Ein Leader wird somit nicht mehr als alleiniger Entscheider verstanden, sondern vielmehr als Moderator und Vorbild (Helmold et al. 2023, S. 49f.). Darüber hinaus zeigen neue Arbeitsmodelle wie Homeoffice oder Workation, dass sich Organisationsstrukturen zunehmend flexibilisieren und sich Führung an diese veränderten Bedingungen anpassen muss (Czechowski 2023; Deloitte 2022, S. 5, 24f.).
Tab. 2: Gegenüberstellung der traditionellen und neuen Führung (eigene Darstellung)
New Leadership verändert die Rolle der Führung nachhaltig und erfordert eine Veränderung etablierter Führungsmodelle. Ein in der Wissenschaft weit verbreitetes Modell zur Kategorisierung von Führungsrollen und -verhalten ist das in den 1980er-Jahren von Quinn und Rohrbaugh entwickelte Competing Values Framework (CVF). Dieses Modell basiert auf zwei zentralen Dimensionen, die die unterschiedlichen und teils widersprüchlichen Anforderungen an Führungskräfte verdeutlichen: Flexibilität vs. Kontrolle sowie Personen- vs. Organisationsfokus (Quinn und Rohrbaugh 1981, S. 135). Innerhalb dieses Rahmens wurden acht Führungsrollen identifiziert, die entlang dieser Dimensionen eingeordnet werden können (Quinn 1988, zitiert nach Weber et al. 2022, S. 8). Im Zuge der digitalen Transformation und des Wandels der Arbeitswelt durch New Work wurde das Modell von Weber et al. (2022) weiterentwickelt, um die veränderten Anforderungen an moderne Führung zu berücksichtigen. Abbildung 2 zeigt die sieben Führungsrollen nach Weber et al., die sich nun innerhalb der beiden Dimensionen Fokus und Orientierung verorten lassen.
Der Networker baut und pflegt interdisziplinäre Netzwerke, um den Austausch relevanter Informationen zu fördern und eine effiziente Problemlösung zu ermöglichen (Weber et al. 2022, S. 9). Der Innovator und der Digitale Pionier treiben Veränderungsprozesse voran, indem sie innovative Ansätze und digitale Lösungen gezielt einsetzen (Weber et al. 2022, S. 9f.). Enabler und Mentoren unterstützen die Mitarbeitenden dabei, sich aktiv einzubringen, neue Ideen auszuprobieren und persönlich sowie beruflich zu wachsen (Weber et al. 2022, S. 9). Abschließend übernehmen Manager und Digitale Mentees eine koordinierende Rolle in der Transformation, wobei insbesondere die Digitalen Mentees ihr Wissen gezielt mit den Mitarbeitenden teilen und durch diesen Austausch weiterentwickeln (Weber et al. 2022, S. 9ff., S.15). Der Ansatz von Weber et al. (2022) verdeutlicht, dass moderne Führung im Kontext von New Work eine dynamische und flexible Rolle einnimmt. Führungskräfte sollten demnach in der Lage sein, alle sieben Rollen zu verstehen, flexibel zwischen ihnen zu wechseln und je nach Situation gezielt einzusetzen (Weber et al. 2022, S. 16).
Abb. 2: Competing Values Framework (CVF) der modernen Führung (Quelle: Weber et al. 2020, S. 15)
3.3 Die Erfolgskriterien von New Leadership
Helmold et al. (2023) haben in ihrer Forschung die in Abbildung 3 dargestellten Erfolgskriterien für eine moderne Führung definiert, die den Anforderungen einer New-Work-orientierten Unternehmenskultur entsprechen. Führungskräfte müssen eine klare Orientierung schaffen, indem sie gemeinsame Ziele definieren und Transparenz über Leistungskennzahlen für alle Mitarbeitenden gewährleisten. Darüber hinaus liegt ihre Aufgabe darin, ihr Team zu befähigen, Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungsprozesse zu dezentralisieren, während sie gleichzeitig eine flexible Führungsrolle einnehmen. Führungspersonen sollten zudem als Coaches agieren, die ihre Mitarbeitenden gezielt fördern und Weiterbildungsmaßnahmen initiieren. Ein weiterer zentraler Aspekt ist der Einsatz agiler Managementmethoden sowie die Entwicklung geeigneter Strategien zur Konfliktlösung. Abschließend erfordert New Leadership eine Transformation hin zu schlanken Hierarchien und schnellen, adaptiven Entscheidungsprozessen, um die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt erfolgreich zu bewältigen.
Abb. 3: Erfolgskriterien für eine moderne Führung (Quelle: Helmold et al. 2023, S. 8)
4 Diskussion
Die Untersuchung verdeutlicht, dass der Wandel der Arbeitswelt eine entsprechende Anpassung der Führung erfordert, um den steigenden Anforderungen der digitalen Transformation gerecht zu werden (Benmira und Agboola 2021, S. 4). Zudem zeigt der Forschungsstand, dass diese neue Art der Führung durch eine Vielzahl von Konzepten beschrieben wird, darunter Digital Leadership, Liquid Leadership, Agile Leadership und Servant Leadership. Während diese Konzepte gemeinsame Kernprinzipien wie Menschzentrierung, Flexibilität und Anpassungsfähigkeit verfolgen, setzen sie dennoch unterschiedliche Schwerpunkte. Auffällig ist jedoch, dass in der wissenschaftlichen Literatur oft keine klaren Abgrenzungen zwischen den Konzepten existieren und sie teilweise synonym verwendet werden. So wird beispielsweise Digital Leadership von Helmold et al. (2023, S. 8ff.) als Synonym für New Leadership beschrieben, ohne eine präzise Differenzierung vorzunehmen. Ein weiteres Problem besteht darin, dass der Forschungsstand zu New Leadership noch stark fragmentiert ist. Einheitliche Definitionen und eine systematische Differenzierung der Ansätze fehlen weitgehend, was es für Führungskräfte schwierig macht, die verschiedenen Konzepte zu überblicken und gezielt in der Praxis anzuwenden (Helmold et al. 2023, S. 49; Bruch und Lee 2023). Darüber hinaus sind viele dieser Konzepte nicht durch fundierte empirische Forschung gestützt, sondern beruhen häufig auf populärwissenschaftlichen Interpretationen, was die wissenschaftliche Validität einschränkt (Wirtschaftspsychologische Gesellschaft o.D.-a). Trotz dieser Herausforderungen bieten die unterschiedlichen Ansätze wertvolle Orientierungshilfen für moderne Führung. Sie reflektieren die Anforderungen einer zunehmend dynamischen Arbeitswelt und liefern Führungskräften Impulse für die Gestaltung zeitgemäßer Führungsstile. Gleichzeitig besteht ein klarer Bedarf an einer stärkeren systematischen Strukturierung und wissenschaftlichen Fundierung, um die praktische Anwendbarkeit weiter zu verbessern. Zukünftige Forschung sollte sich darauf konzentrieren, eine präzisere Abgrenzung der Leadership-Konzepte vorzunehmen und ihre Wirksamkeit in unterschiedlichen organisationalen Kontexten empirisch zu untersuchen.
Ein zentrales Ergebnis der Literaturrecherche ist die Transformation der Führungsrolle und die Art und Weise, wie sich New Leadership von den traditionellen Führungsmodellen löst (Czechowski 2023). Hierarchien und starre Strukturen, geprägt von einem autoritären Führungsstil, sind in der neuen Führung nicht mehr zeitgemäß. Stattdessen agieren Führungskräfte als Coaches und Vorbilder, die ihre Mitarbeitenden motivieren, befähigen und unterstützen (Helmold et al. 2023, S. 8f.). In der Forschung konnten unterschiedliche Führungsrollen identifiziert werden. In dieser Arbeit wurde insbesondere die Transformation des Competing Values Framework (CVF) beleuchtet, das die moderne Führung in sieben Schlüsselrollen unterteilt: Networker, Innovator, Digitaler Pionier, Enabler, Mentor, Manager und Digitale Mentee. Führungskräfte, die als New Leader agieren, sollten demnach in der Lage sein, flexibel zwischen diesen Rollen zu wechseln und sie situativ zu kombinieren (Weber et al. 2022, S. 16). Dies verdeutlicht, dass Führungskräfte über die notwendigen Kompetenzen verfügen müssen, um die Anforderungen aller Rollen zu erfüllen. Folgend sind daher eine darauf zugeschnittene Ausbildung und Weiterentwicklung unerlässlich, um den komplexen Anforderungen von New Leadership gerecht zu werden und eine effektive Führung in einer dynamischen Arbeitswelt sicherzustellen (Helmold 2022, S. 10f.).
Die Ergebnisse entsprechen weitgehend den Erwartungen, da Leadership seit jeher ein zentrales Thema in der Organisationsforschung ist und sich in Zeiten des Wandels verstärkt auf neue Herausforderungen einstellen muss (Benmira und Agboola 2021, S. 3). Außerdem spiegelt die Vielzahl an Konzepten die zunehmende Komplexität moderner Führung wider, die sich nicht mehr durch universelle Ansätze abdecken lässt. Überraschend ist jedoch das hohe Maß an Überschneidungen zwischen den Führungskonzepten, was auf eine fehlende Trennung in der Literatur hindeutet. Dieses Problem zeigt sich bereits im aktuellen Verständnis von New Work, das in der wissenschaftlichen Literatur keine einheitliche Definition aufweist (Hackl et al. 2017, S. 5f.). Insbesondere seit der COVID-19-Pandemie setzen viele Unternehmen auf New Work, ohne es richtig zu verstehen (Helmold 2022, S. 3f.). Die Vielzahl an Leadership-Konzepten und Überschneidungen lässt sich durch die dynamische Natur von Führung erklären, die stark von den spezifischen Herausforderungen eines Unternehmens oder einer Branche geprägt ist (Wirtschaftspsychologische Gesellschaft o.D.-b). Die Ergebnisse sind daher nur bedingt generalisierbar, da die Wirksamkeit der verschiedenen Konzepte stark vom organisationalen Kontext abhängt. Schließlich bleibt eine zentrale Herausforderung die Entwicklung allgemeingültiger Handlungsempfehlungen, da die Anforderungen an Führung je nach Branche, Unternehmenskultur und regionalen Gegebenheiten erheblich variieren können.
5 Fazit
Der aktuelle Forschungsstand zu New Leadership verdeutlicht, dass moderne Führung sich in einem komplexen Spannungsfeld zwischen traditionellen Führungsansätzen und den Anforderungen der digitalen und globalisierten Arbeitswelt befindet. Um den Herausforderungen der Transformation zu begegnen, bedarf es einer kontinuierlichen Weiterentwicklung von Führungskonzepten. Folglich müssen Führungskräfte heute mehr denn je als Coaches agieren, ihre Mitarbeitenden gezielt unterstützen und langfristig ihr Engagement stärken. Zudem hat die zunehmende Verbreitung von New Work die Arbeitswelt nachhaltig verändert, wodurch auch die Anforderungen an Führung neu definiert werden müssen. Dennoch mangelt es sowohl bei New Work als auch bei New Leadership an einer einheitlichen Definition und klaren wissenschaftlichen Abgrenzungen. Zukünftige Forschung sollte daher bestehende Leadership-Konzepte systematisch strukturieren und differenzieren, um konkrete Leitlinien für die praktische Umsetzung zu entwickeln. Schlussendlich bricht New Leadership mit hierarchischen Strukturen und setzt auf eine Kultur des Vertrauens und der Eigenverantwortung. Allerdings darf es nicht nur ein theoretisches Konstrukt bleiben, sondern muss eine tiefgreifende Transformation der Führungskultur bewirken, die sowohl wissenschaftlich fundiert als auch praktisch umsetzbar ist.
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