Von der nördlichsten Bücherei der Welt, über Kirchenruinen zur Future Library
Ein Reiseführer zu den spannendsten Bibliotheken in Norwegen
DOI:
https://doi.org/10.15460/apimagazin.2025.6.1.236Schlagworte:
Bibliothek, Norwegen, Reiseführer, UrlaubBegutachtung
Abstract
In diesem Reiseführer werden sieben Bibliotheken in Norwegen vorgestellt, die es sich bei einem Urlaub zu besuchen lohnen. Darunter befinden sich die nördlichste Bibliothek der Welt im Ort Longyearbyen, Spitzbergen, eine Bibliothek, die auf Kirchenruinen erbaut worden ist, eine Bibliothek, dessen Bücher noch ein heranwachsender Wald und deren Werke bisher teilweise noch gar nicht geschrieben sind, zudem eine, die für ihre Architektur Preise gewonnen hat, sowie ein ehemaliges Kino. Und natürlich dürfen die norwegische Nationalbibliothek und die größte Bibliothek des Landes nicht fehlen. Es werden die Highlights genannt, sowie wichtige Informationen gegeben, um den Besuch optimal planen und die Angebote in bestem Umfang nutzen zu können.
1 Einleitung
Mit seinen Fjorden, den weiten Wäldern und den beeindruckenden Nordlichtern ist Norwegen nicht nur aufgrund seiner Natur ein beliebtes Reiseziel. Auch seine vielfältige Bibliothekslandschaft, die in den letzten Jahren durch moderne Architektur und innovative Konzepte eine neue Dimension erreicht hat, zieht viele Besuchende an. Hierbei beeindrucken nicht nur die großen, architektonisch modernen Bibliotheken, wie die Deichman Bjørvika, sondern auch die kleinen – wie jene in Trondheim und Longyearbyen auf Spitzbergen – sind einzigartig. Gemeinsam haben sie, dass sie viel mehr sind als das überholte Stereotyp einer Bibliothek mit staubigen Bücherregalen und sich in diesem Reiseführer somit zu Recht jeweils einen eigenen Platz verdient haben.
Dieser Reiseführer stellt die Bibliotheken näher vor und lädt dazu ein, die ein oder andere dieser bemerkenswerten Bibliotheken in die nächste Norwegenreise einzuplanen. Dabei beginnt unsere Reise hoch im Norden im Archipel Spitzbergen, von wo aus wir nach Tromsø und somit zurück auf das Festland Norwegens aufbrechen. Unser nächster Halt befindet sich in Trondheim, anschließend geht es ganz in den Süden nach Vennesla. Zuletzt reisen wir 300 Kilometer weiter in den Osten nach Oslo, wo wir gleich mehrere Bibliotheken kennenlernen werden, von denen sogar eine in der Zukunft liegt.
2 Öffentliche Bibliothek Longyearbyen – Die nördlichste Bücherei der Welt
Unsere Reise beginnt im kalten, frostigen Norden Norwegens. Noch zum Land gehörend, aber über 600 Kilometer vom Festland entfernt zwischen der Grönlandsee im Westen, dem Europäischen Nordmeer im Süden, der Barentssee im Osten und dem Nordpolarmeer im Norden liegt die Inselgruppe Spitzbergen – nördlich des Polarkreises und nur rund 1000 Kilometer vom Nordpol entfernt. Von Oktober bis Februar dauert hier die Polarnacht an, den Rest des Jahres tritt nicht einmal eine Sonnendämmerung ein und im Sommer geht die Sonne hier gar nicht unter. An den Ortsausgängen warnen Schilder davor, die Siedlung nicht ohne Gewehr zu verlassen, denn neben ca. 2.500 Menschen leben hier auch 3.000 Eisbären. Der Hauptort dieses Archipels heißt Longyearbyen und hier befindet sich die nördlichste Öffentliche Bibliothek der Welt.
Die von zwei Personen geführte Stadtbibliothek arbeitet eng mit der Schulbibliothek des Ortes zusammen und schafft es, mit seinem Bibliotheksbestand, den Veranstaltungen und seiner Einrichtung wie ein Wohnzimmer zu wirken – also ein gelungener Dritter Ort. Wie wichtig die Gemeinschaft in diesem Ort ist, sieht man an der Verbundenheit der Menschen. Zudem bietet die Bibliothek ihren Kund*innen an, die Medien zu ihnen nach Hause zu bringen, falls sie sie selbst nicht abholen können.
Neben Werkzeugen, Nähmaschinen, Nintendo Switches, Brettspielen und Puzzles verleihen sie auch Lawinenausrüstung und Eisbohrer. Auf den ersten Blick vielleicht kurios klingend auf den zweiten jedoch äußerst sinnvoll, wenn man umgeben ist von verschneiten Bergen bei einer Durchschnittstemperatur von -6,7°C und Extremwerten von unter -20°C im Winter.
Hat die Bücherei ein Buch nicht? Kein Problem! Dass die Bibliothek an ein Fernleihsystem angeschlossen ist und somit Bücher aus öffentlichen Bibliotheken sowie Hochschul- und Universitätsbibliotheken auf dem Festland bestellen kann, kommt gelegen, falls die Bibliothek ein bestimmtes Medium nicht hat. Jedoch kann es mehrere Wochen dauern, bis das Buch auch ankommt. Deswegen bieten die Bibliothekar*innen auch an, ein Buch eher anzuschaffen, anstatt es über die Fernleihe herschicken zu lassen. Zum Glück gib es noch einen Zugriff auf die Online-Bibliothek der Nationalbibliothek.
Ebenfalls besonders ist der Teil der Svalbard-Sammlung, der sich in der Bibliothek befindet. Svalbard ist der norwegische Begriff für Spitzbergen. Es handelt sich hierbei also um die über Jahrzehnte zusammengestellte Polarsammlung von Karten, Banknoten, Büchern und anderen Dokumenten, die von Spitzbergen handeln. Ein Teil der Sammlung befindet sich in der Bibliothek, der andere Teil fünf Minuten zu Fuß entfernt im Svalbard Museum. Das liegt darin begründet, dass einige der Dokumente viel zu fragil, selten und wertvoll sind, um Teil einer öffentlichen Bibliothekssammlung zu sein, und andere sind wiederum zu alltäglich, um Teil einer Museumssammlung zu sein.
Wenn Sie die Öffentliche Bibliothek Longyearbyens besuchen, achten Sie bitte auf die örtliche Tradition! Da die Bewohner*innen Spitzbergens früher hauptsächlich vom Bergbau lebten, wurden die Arbeitenden in den Minen oft staubig und dreckig. Daher hat sich etabliert und bis zur Gegenwart in einem Brauch gehalten, beim Betreten des Gebäudes die Schuhe auszuziehen!
Name: Öffentliche Bibliothek Longyearbyen
Norwegischer Name: Longyearbyen folkebibliotek
Adresse: Næringsbygget, Longyearbyen 9170,
Norwegen
Koordinaten: 78.2196585226985, 15.642540238477345
- Öffnungszeiten:
- Mit Personal:
- Montag und Freitag: 11:00-16:00 Uhr
- Dienstag bis Donnerstag: 11:00-18:00 Uhr
- Samstag: 11:00-14:00 Uhr
- Erweiterte Öffnungszeiten: täglich 8:00-22:00 Uhr
- Kontakt:
- E-Mail: bibliotek@lokalstyre.no
- Telefon: 79 02 23 70
- Website: https://longyearbyen.arena.axiell.com/nb/startside#/
Was es hier noch gibt: Eisbären. Ganz viele
Eisbären. Und eine
besondere Polarsammlung – die Svalbard-Sammlung.
Wieso sich der Besuch besonders lohnt: Auf der vom
Rest der Welt
mehr oder minder abgeschnittenen Insel ist der Zusammenhalt dieser
kleinen Gemeinde besonders wichtig. – Das merkt man auch an der
Atmosphäre in der Bibliothek.
3 Tromsø Stadtbibliothek – Aus einem Kino wird eine Bibliothek
Die Reise geht weiter ins immer noch sehr nördlich gelegene Tromsø, welches die größte Stadt Nordnorwegens ist und auf der am Festland anknüpfenden Insel Tromsøya liegt. Die Stadt ist ein sehr beliebtes Reiseziel, besonders für Naturliebhaber*innen und Abenteurer*innen, die sich für die umliegenden Fjorde und Berge interessieren. Doch nicht nur für Abenteuerlustige ist die Stadt ein sehenswertes Ziel: Die Stadt selbst hat viel zu bieten, wie unter anderem die Tromsø Bibliothek und Stadtarchiv, welche inmitten der Stadt Tromsø liegt, und vor dem Einzug vor der Bibliothek 2005 als Kino genutzt wurde.
Das ausgefallene architektonische Design macht sie zu einem wahren Hingucker. Das Dach erinnert an ein umgedrehtes Schiff, was an Tromsøs maritimen Hintergrund anknüpfen soll. Große Glasfronten sorgen für eine optimale Lichtdurchflutung und einen Blick nach draußen auf die umliegenden Berge und Fjorde. Tromsø wird auch als Nordlicht-Hotspot Norwegens bezeichnet, und durch diese Fenster lässt sich die Aurora borealis besonders gut sehen. Was gibt es Besseres, als mit Blick auf Polarlichter und Buch in der Hand die Seele baumeln zu lassen? Wer bei dem Anblick auf die umwerfende Natur Norwegens doch spontan Lust auf einen Ausflug bekommen hat, kann sich hier sogar Wander- und Erlebnisausrüstung ausleihen. Entworfen hat das heutige Gebäude das Architekturbüro Henning Larsen Architects.
Durch warme Holztöne, helle Farben und offene Räume wird eine einladende Atmosphäre geschaffen, die durch die Barrierefreiheit der Bibliothek und den freien Eintritt allen offen steht. Eine Besonderheit ist, dass die Temperatur auf jeder Etage anders ist, sodass die Besucher eigens entscheiden können, bei welcher sie am besten lesen können.
Die Bibliothek gilt in der Stadt als Kulturzentrum. Es gibt zahlreiche Kurse und Workshops und sogar Filmvorführungen, die ein Zusammenkommen und eine Teilhabe an Kultur und Bildung einfach machen. Neben regelmäßigen Lesezirkeln gibt es auch gemeinsame Stricktage oder die Kreativsamstage, die auch sehr zu empfehlen sind. Es ist also nicht nur für Bücherliebhaber*innen etwas dabei. Für die Bewohner*innen von Tromsø findet besonders im Winter, wenn draußen Minusgrade herrschen, das Leben drinnen statt, weshalb die Bibliothek besonders zu diesen Zeiten ein beliebter und belebter Ort für die gemeinsame Zusammenkunft ist. Zusätzlich ist die Bibliothek ein Stadtarchiv, das viele spannende historische Einblicke in die Vergangenheit von Tromsø bietet. Hier kann man auch auf einem riesigen 3D-Screen die geografische und geologische Lage Norwegens von allen Seiten betrachten. Es ist also die perfekte Mischung zwischen Moderne und Vergangenheit.
Ein Besuch hier ist mehr als empfehlenswert, wenn man Interesse daran hat, Teil der Kultur in Tromsø zu sein. Dieses Highlight solltet ihr also auf keinen Fall verpassen!