Von der Praktikantin zur Studentischen Hilfskraft

Bericht über meine Zeit an der Universitätsbibliothek der RWTH Aachen

  • Nadine Tischer Technische Hochschule Köln, Deutschland
    Studierende im 7. Semester des Bachelorstudiengangs Bibliothek und digitale Kommunikation

DOI:

https://doi.org/10.15460/apimagazin.2025.6.1.225

Schlagworte:

Praxisphase, Universitätsbibliothek, RWTH Aachen

Begutachtung

  • Prof. Dr. Ulrike Verch HAW Hamburg

Abstract

Dieser Bericht beleuchtet meine Erfahrungen während der Praxisphase an der Universitätsbibliothek der RWTH Aachen im Rahmen des Bachelorstudiengangs Bibliothek und Digitale Kommunikation. Neben den Herausforderungen und neuen Eindrücken der Bibliotheksarbeit wird mein Weg von der ereignisreichen Praxisphase bis hin zur Tätigkeit als studentische Hilfskraft beschrieben und reflektiert.

1 Einleitung

Seit ihrer Gründung im Jahr 1870 hat sich die Universitätsbibliothek (UB) der Rheinisch-Westfälisch-Technischen Hochschule (RWTH) Aachen von kleinen Anfängen zu einer großen und modernen Informationsinfrastruktur entwickelt, die sich den wandelnden Bedürfnissen von Studierenden, Forschenden und Lehrenden immer wieder anpasst. Mich interessiert an der UB besonders ihr historisch gewachsenes zweischichtiges Bibliothekssystem und das ausdifferenzierte Abteilungssystem, welches ein vielfältiges Angebot an Bibliotheksdienstleistungen bereitstellt. Hier ist es zweifelsohne möglich, viele Aufgabenbereiche einer Wissenschaftlichen Bibliothek zu erkunden und auszuprobieren. Als ich mir im 5. Semester des Bachelorstudiums Bibliothek und digitale Kommunikation an der TH Köln einen Praktikumsplatz suchen musste, war daher für mich völlig klar, dass ich die UB der RWTH kennenlernen wollte – ehrlicherweise muss ich sagen, dass sie durch ihre Nähe zu meinem Wohnort auch ideal lag.

Ich möchte im Nachfolgenden einige Eindrücke aus meiner Praxisphase teilen und damit anderen die Angst nehmen, sich bei einer so großen Institution zum Praktikum zu bewerben. Meine Zeit an der UB der RWTH war geprägt von vielen aufregenden und herausfordernden Momenten, sowohl in fachlicher Hinsicht als auch auf persönlich-sozialer Ebene. Mit der Unterstützung der Mitarbeitenden habe ich gelernt, mit den verschiedenen Situationen und Aufgaben im Arbeitsalltag der wissenschaftlichen Bibliothek einer Exzellenzuniversität umzugehen. Dass ich nach meinem Praxissemester noch als Studentische Hilfskraft weiter an der UB bleiben durfte, habe ich nicht nur als Bestätigung und Wertschätzung empfunden, sondern auch als eine tolle Möglichkeit, meine Erfahrungen weiter zu vertiefen.

2 Reflexion zur Praxisphase

Rückblickend lässt sich sagen, dass meine Praxisphasenzeit an der UB sehr spannend und abwechslungsreich war. Ich hatte einen umfassenden Praktikumsplan, der mehrwöchige Hospitationen in allen Abteilungen vorsah. So gelang es mir, einen umfassenden Eindruck von der Arbeit in einer wissenschaftlichen Bibliothek zu gewinnen: von der Ausleihe über das elektronische Repositorium bis hin zur Katalogisierung von digitalen Zeitschriften. Meine Flexibilität, mich an neue Arbeitsstationen anzupassen, und meine Stressresistenz haben sich dadurch deutlich verbessert. Ich habe auch gelernt, um Verlängerungen von Bearbeitungszeiten zu bitten, wenn ich nicht schnell genug war und mich weniger selbst unter Druck zu setzen.

Ich erhielt u. a. die Möglichkeit, Führungen für Schülerinnen und Schüler zu geben und Präsentationen vor der Leitungsrunde der UB sowie der verbundweiten Alma Erwerbungs-Sitzung zu halten. Dies half mir, Selbstsicherheit aufzubauen und meine Prüfungsangst besser zu kontrollieren. Für die jeweiligen Sitzungen wurden Generalproben abgehalten vor kleinerem Publikum, welche ich ausführlich vorbereitet und mit meiner Mentorin inhaltlich vorher durchgesprochen hatte.

Eines meiner Praxisprojekte hatte die Ausarbeitung eines Templates im Bibliotheksmanagementsystem Alma zum Ziel, welches eine interne Übersicht von Lizenzmanagementbedingungen der Verlage und Datenbanken erzeugen sollte. Dafür war viel Recherchearbeit notwendig, aber auch einiges an Kreativität. Meine neuen Lösungsansätze zur Integration der Lizenzangaben wurden sogar auf Verbundebene diskutiert.

Das Wichtigste, was ich aus der Praxisphase mitnehme, ist aber Selbstvertrauen. Durch die positive Rückmeldung der Kolleg*innen traue ich mir heute sehr viel mehr zu, als vor meiner Praxisphase. Die eigenen Stärken zu finden und diese dann zu nutzen, ist oftmals eine schwierige Aufgabe. Ich hatte viel Respekt vor der Arbeit an einer Exzellenzuniversität mit so einer großen Bibliothek, aber ich habe viel Zeit zum Lernen und Fragenstellen erhalten. Es wird nicht erwartet, dass ich als Praktikantin jede Regel von RDA (Resource Description and Access) erklären und umsetzen können, geschweige die innerbetrieblichen Abläufe sofort durchblicken muss. Wichtig scheint mir vor allem zu sein, dass wir uns als Studierende engagieren und zeigen, dass wir uns einbringen wollen. In der Regel freuen sich die Kolleg*innen sehr darüber, Studierende der Bibliothekswissenschaften kennenzulernen und ihnen die Möglichkeit zu bieten, an vielen betrieblichen Prozessen mitzuwirken.

Schließlich durfte ich am Ende meiner Praxisphase eine Präsentation über meine Zeit an der RWTH halten. Dabei habe ich sowohl die Abteilungen, meine Tätigkeiten und Highlights aufgezählt, aber auch Kritikpunkte, welche mir bei der wöchentlichen Planung und Einteilung in den verschiedenen Abteilungen aufgefallen waren. Ich war ziemlich überrascht, dass die UB großes Interesse an meiner Perspektive gezeigt hat.

3 Weiterbeschäftigung als Studentische Hilfskraft

Die Arbeitsbelastung in der Praxisphase ist nicht zu unterschätzen. Eine 40-Stunden-Woche ist nicht nur ungewohnt lang, auch braucht es Zeit, die vielen neuen Eindrücke zu verarbeiten. Aus diesem Grund habe ich während des Praktikums meinen 20-Stunden-Nebenjob der letzten drei Jahre aufgegeben. Von meinen Kommiliton*innen kann ich berichten, dass einige die Praxisphase gestreckt haben, um die Wochenarbeitszeit zu verringern und nebenbei arbeiten zu können. Dabei sollte man nicht aus den Augen verlieren, dass regelmäßige Pausen und ausreichend Erholung ebenso wichtig sind wie die Arbeit und die Hochschule.

Doch ich wurde belohnt dafür, mich ganz auf die Praxis in der UB zu konzentrieren: Nach dem Ende meines Praktikums erhielt ich eine Weiterbeschäftigung als Studentische Hilfskraft (SHK) im Umfang von 19 Stunden in der Woche. Dies zu erwirken, war allerdings ein langer Weg. Denn es ist nicht üblich, als Studentische Hilfskraft von einer fremden Universität aufgenommen zu werden. Aber aufgrund der fachlichen Vorbildung und der damit verbundenen Einsatzmöglichkeiten konnte eine Ausnahme ermöglicht werden. Zunächst musste ich ein Gespräch mit dem Verwaltungsleiter führen, welcher mich aufgrund der positiven Resonanz aus dem Kollegium eingeladen hatte. Dort habe ich dann von meinem bisherigen Praktikumsverlauf berichten können und gleichzeitig Wünsche und Ziele für meine Zukunft äußern dürfen, wie den Bachelorabschluss Anfang 2025 zu erreichen. Im nächsten Schritt musste ich bei der zuständigen Sachbearbeiterin vorstellig werden. Dann stand der wichtigste Termin an, eine Sprechstunde beim leitenden Bibliotheksdirektor. Hier habe ich erneut über meine Praxisphase gesprochen und dargelegt, was ich als SHK machen möchte. An der UB gibt es ganz unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten für Studentische Hilfskräfte, z. B. beim Repositorium RWTH-Publications, in der Ausleihe oder im Informationszentrum.

Mein Tätigkeitsbereich erstreckt sich heute über zwei Abteilungen, zum einen die Integrierte Medienbearbeitung und zum anderen die Öffentlichkeitsarbeit. Aufgrund der rückläufigen Nutzung von Printmedien, haben sich einige Bibliotheken dazu entschieden, ihre Lehrbuchbestände zu verkleinern. Auch an der UB der RWTH erfolgt aktuell ein großes Projekt zur Sichtung und Bewertung der Bestände durch die Fachreferate, wonach Listen erstellt werden für die Aussonderung. Als SHK in der Integrierten Medienbearbeitung bin ich in diesen Prozess eingebunden und sondere wöchentlich Bestände nach internen Vorgaben aus. Dazu zählt sowohl die Bearbeitung im Bibliotheksmanagementsystem Alma, als auch die physische Aussonderung einzelner Exemplare vor Ort. Diese Tätigkeiten darf ich im Gegensatz zu den anderen SHK der UB natürlich nur wegen meines fortgeschrittenen Studiums der Bibliothekswissenschaft übernehmen. Damit auch ich weiter lernen kann, bleibe ich zudem in das laufende Geschehen der Abteilung eingebunden. Ich nehme an deren regelmäßigen Meetings teil, welche aktuelle Themen aus der Bibliothekswelt, interne Abläufe und Absprachen sowie Neuigkeiten im Betrieb aufgreifen.

In der Öffentlichkeitsarbeit bin ich als SHK vor allem für Social-Media-Beiträge zuständig, sei es die Korrespondenz mit Kooperationspartnern für die ‚Weiter-Wissen-Kampagne’ des Deutschen Bibliotheksverbands, die Aufbereitung von Materialien für Vitrinen-Ausstellungen oder die Erstellung von Bild- und Videomaterialien für Reels und Youtube-Lernvideos mit Powtoon.

4 Fazit

Insgesamt haben mich die größeren und kleinere Projekte an der UB der RWTH sehr bereichert, wobei ich viel ausprobieren konnte. Mein Selbstbewusstsein hat sich vergrößert und mein Auftreten ist sicherer geworden. Natürlich lernt man nie aus, aber hin und wieder kann man auch stolz darauf sein, wie weit man es schon gebracht hat. Zusammenfassend kann ich sagen, dass sowohl die Praxisphase als auch die SHK-Stelle mir viele unterschiedliche Einblicke in den Berufsalltag an einer wissenschaftlichen Bibliothek gewährt haben, die mir maßgeblich bei der Wahl, in welche Richtung ich mich beruflich orientieren möchte, helfen. Die UB der RWTH Aachen hat mich dabei sehr unterstützt und mich in meinen fachlichen, methodischen und sozialen Kompetenzen gefordert und gefördert.

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2024-11-11

Akzeptiert

2024-12-03

Veröffentlicht

2025-02-04