Zwischen Weihnachtslesungen, Bastelworkshops und Kund*innengesprächen

26 Wochen in der Bibliothek des Goethe-Instituts Bukarest

  • Jonas Ello Kling Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Deutschland
    Studierender im 5. Semester des Bachelorstudiengangs Bibliotheks- und Informationsmanagement (BIM)

DOI:

https://doi.org/10.15460/apimagazin.2025.6.1.224

Schlagworte:

Rumänien, Bibliothek, Praktikum, Bukarest, Goethe-Institut

Begutachtung

  • Kristin Ameis HAW Hamburg

Abstract

Der Artikel gibt einen Einblick in ein Auslandspraktikum in der Bibliothek des Goethe-Instituts Bukarest. Er beschäftigt sich mit der Suche nach einem Praktikumsplatz, der Arbeit vor Ort und dem (Alltags-)Leben in Bukarest. Dabei kann leider nur ein kleiner Ausschnitt aus der Fülle an gemachten Erfahrungen wiedergegeben werden.

1 Der holprige Weg zu einem Praktikumsplatz

1.1 Die Suche nach dem Praktikumsplatz

Praktika sind eine Chance neue Erfahrungen zu sammeln. Auslandspraktika ermöglichen neben der Sammlung von Arbeitserfahrung zudem das Kennenlernen von neuen Orten, Ländern und Menschen. Obwohl ich mich in Hamburg als meine Wahlheimat sehr wohl und zu Hause fühle, genieße ich jede Möglichkeit, aus dem eng getakteten Arbeits- und Unialltag auszubrechen und einen kleinen Tapetenwechsel zu haben. Dabei entstehen neue Impulse und Gedanken, mit denen ich bereichert in meinen Alltag zurückkehren kann.

Daher war es für mich reizvoll, mich für mein sechsmonatiges Pflichtpraktikum im Bachelorstudiengang Bibliotheks- und Informationsmanagement nach möglichen Praktikumsplätzen außerhalb Hamburgs umzuschauen. In meinen beiden vorhergehenden Studiengängen habe ich es sehr genossen, Studiensemester oder Forschungsprojekte außerhalb Deutschlands zu absolvieren, weswegen ich mich auch für dieses Praktikum auf die Suche nach einem Platz in einem anderen Land machte. Da es seit dem Brexit wohl immer schwieriger wird, ohne viel bürokratischen Aufwand ein Praktikum in Großbritannien zu machen, überlegte ich, in welchen Bibliotheken ich überhaupt arbeiten könnte. Wichtig war mir, auf jeden Fall die Sprache der Medien der Bibliothek selbst gut genug verstehen zu können, um auch inhaltliche Beratungen für Kund*innen durchführen zu können. Daher kamen eigentlich nur englisch- oder deutschsprachige Bibliotheken in Frage. In Irland konnte ich leider auf Anhieb keine Bibliothek finden, die einen einfachen Bewerbungsprozess versprach.

So begann ich, mich über die verschiedenen Bibliotheken der Goethe-Institute zu informieren. Leider hatten fast alle Goethe-Institute eine Alterssperre für Praktikant*innen. Das bedeutet, dass sie nur Bewerber*innen unter 30 Jahren aufnehmen wollten. Ich entdeckte drei Ausnahmen: Georgien, Vietnam und Rumänien. In Georgien wurde allerdings eine Person gesucht, die auf muttersprachlichem Niveau Georgisch spricht, weswegen diese Option für mich entfiel. Da ich in meinem ersten Bachelor und Master jeweils ein halbes Jahr in Rumänien verbracht hatte, empfand ich das als gute Möglichkeit, wieder dorthin zurückzukehren. Ein Vorteil dabei war auch, dass ich schon ein bisschen mit der Sprache vertraut war, was dabei half, Kund*innen zu verstehen und diese in einfachem Rumänisch selbst bedienen zu können.

Bis schließlich eine Zusage aus Bukarest eintraf, vergingen fast zweieinhalb Monate1 und ich hatte mich schon etwas wehmütig darauf eingestellt, mein Praktikum doch in Deutschland zu machen und mich auf Stellen in Stuttgart und Frankfurt beworben. Doch nach einem Telefonat mit der Institutsleitung in Bukarest wurden wir uns einig. In der Bibliothek bestand eine besondere Situation, weil die Bibliotheksleitung seit einiger Zeit krank war und es sich abzeichnete, dass sie wohl nicht mehr zurückkehren würde, es aber noch keine*n Nachfolger*in gab und die Institutsleitung nebenbei noch die Bibliotheksleitung mit übernahm. In dem Gespräch wurde mir erzählt, dass diese Situation sowohl Vor- als auch Nachteile für mich bringen könnte und ich mir überlegen sollte, ob das für mich in Ordnung sei. Zum einen gebe es viel zu tun und ich könnte mir eigene Projekte überlegen und mich gerne selbst einbringen. Aufgrund der fehlenden Leitung wären manche Dinge mitunter etwas chaotisch, aber ich hätte immer sehr gute und freundliche Kolleginnen an meiner Seite, die mich einlernen und begleiten würden. Voller Freude, dass mein Praktikum wider Erwarten nun doch in Rumänien stattfinden konnte, sagte ich zu.

1.2 Anreise und Wohnungssuche in Rumänien

Die Anreise erfolgte mit der Bahn, so konnte ich bei der Durchfahrt durch Österreich, Ungarn und schließlich Rumänien Stück für Stück den Wechsel der Sprachen und die Landschaftsveränderungen mitbekommen. Dadurch konnte ich mir voller Vorfreude bewusst werden, dass ich tatsächlich wieder auf dem Weg nach Rumänien war. Ein Land, das mich seit meinem ersten Erasmus-Studienaufenthalt 2015/16 bei jeder Rückkehr wieder ein gewisses Zuhause-Gefühl spüren ließ.

Meine Unterkunft erhielt ich dank der Hilfe einer mir vorausgehenden Goethe-Instituts-Praktikantin, die mir ein bis kurz vor meiner Ankunft noch von vorherigen Praktikantinnen belegtes WG-Zimmer ganz in der Nähe des Parlamentspalasts2 vermittelte (s. Abb. 1). Diese Hilfe kam mir sehr gelegen, da es sich als nicht so einfach herausstellte, ein WG-Zimmer in Bukarest zu finden. Vieles findet hierfür auf Facebook statt und während ich noch mit Abgaben für das Studium beschäftigt war, versuchte ich mich in den rumänischen WG-gesucht-Gruppen dort zurechtzufinden. Dazu musste ich die Texte übersetzen und anschließend abschätzen, ob die Wohnung für mich und meine Arbeit im Goethe-Institut günstig gelegen war. Das fiel mir schwer, da ich Probleme hatte, mir eine Stadt, in der ich noch nie war, nur von der Karte her vorzustellen. Eigentlich hätte ich sehr gerne eine*n rumänische*n Mitbewohner*in gehabt, da ich dann mein noch immer eher spärliches Rumänisch etwas hätte verbessern können. Zudem hätte ich über eine Person, die an der Sprachkulisse der Stadtgesellschaft voll teilnehmen kann, selbst einen anderen Zugang zur Stadt gehabt. Da ich aber nichts anderes finden konnte, zog ich schließlich in die schon zuvor von Instituts-Praktikantinnen bewohnte WG. Mein Mitbewohner dort war ein Lehramtsstudierender aus Ostberlin, mit dem ich eine sehr angenehme Zeit hatte. Allerdings dauerte sein Praktikum an einer deutschen Schule in Bukarest nur zwei Monate. So suchte ich mir dann selbst für meine letzten vier Monate noch über Facebook eine*n Mitbewohner*in. Auch hier hatte ich wieder ziemlich viel Glück und fand einen Spanier aus der Nähe von Valencia, der ein Praktikum an einer internationalen Schule absolvierte und nebenbei am Instituto Cervantes Spanisch unterrichtete. Da ich 40 Stunden in der Woche arbeitete, war es umso schöner, zwei sehr angenehme Mitbewohner zu haben, mit denen ich mich nach einem langen Arbeitstag noch gemeinsam austauschen und entspannen konnte.

Abb. 1: Blick aus dem Fenster meines WG-Zimmers, im Hintergrund rechts der Parlamentspalast (Quelle: eigene Fotografie, September 2023).

2 Die Bibliothek des Goethe-Instituts – ein perfekter Rahmen zum Sammeln erster (Bibliotheks-)Erfahrungen

Goethe-Institute sind Kulturinstitute der Bundesrepublik Deutschland. Weltweit gibt es 151 Goethe-Institute in 98 Ländern. Viele dieser Institute besitzen eine Bibliothek. Diese sollen – wie auch die Goethe-Institute selbst – zu einem aktuellen Deutschlandbild im Ausland, der Vermittlung der deutschen Sprache vor Ort und einem kulturellen und künstlerischen Austausch mit den Partnerländern führen (Goethe-Institut 2024).

Die Bibliothek des Goethe-Instituts in Bukarest ist insofern eine besondere Bibliothek, als dass viele Kund*innen sie und ihren Medienbestand weniger zum Freizeitvergnügen nutzen, sondern mehr um die deutsche Sprache zu lehren, zu lernen oder ihre vorhandenen Kenntnisse zu vertiefen oder nicht zu verlieren. Am häufigsten genutzt werden Bilder-, Kinder- und Jugendbücher, Lehrwerke auf den verschiedenen Niveaustufen (besonders beliebt sind die Bücher zur Vorbereitung auf die Zertifikatsprüfungen am Goethe-Institut) und je nach Sprachstand Geschichten in einfacher Sprache oder Romane des 20. und 21. Jahrhunderts. Zudem dient die Bibliothek immer wieder als Veranstaltungsort, da eine große Fläche relativ unkompliziert umgestaltet werden kann, indem die dort vorhandenen Tische und Stühle je nach Bedürfnissen angeordnet, bzw. zur Seite gestellt werden können.

Die Bibliothek hat sich als ein für mich sehr passender Ort erwiesen, um dort mein Praktikum durchzuführen. Sie ist eine eher kleine und übersichtliche Bibliothek und bietet somit eine gute Möglichkeit, um auf überschaubarer Ebene alles, was wichtig für die Arbeit in einer Bibliothek ist, kennenzulernen. Ich habe sowohl einen Einblick in die Katalogisierung als auch in die Aussonderung von Medien bekommen. Das in der Bibliothek verwendete System Koha ist sehr intuitiv und schon nach kurzer Einarbeitungszeit konnte ich es gut bedienen. Die Arbeit mit den Kunden*innen war sehr angenehm, da viele es als Bereicherung empfanden, mit einem Muttersprachler Deutsch sprechen zu können. Umgekehrt habe ich gerade bei telefonischen Anfragen auf meine rudimentären Rumänisch-Kenntnisse zurückgegriffen, z. B. wenn Kunden*innen Bücher verlängert haben wollten. Meine Rumänisch-Sprachkenntnisse haben mir in vielen Situationen geholfen. Aber auch in Fällen, wo sie versagten, waren fast alle Kunden*innen sehr entgegenkommend und geduldig. Unter Zuhilfenahme von Deutsch, Englisch, der Körpersprache und Rumänisch schaffte ich es, bei 95 % der Kund*innen ohne Hilfe meiner Kolleginnen die Informationsbedarfe zu befriedigen.

Der Arbeitsalltag war relativ ruhig, es gab ausreichend Zeit, um sich auf die einzelnen Kund*innen einzulassen und ihre Informationsbedürfnisse zu erfüllen. Zudem gab es einige Kunden*innen, die gerne auf einen Plausch bei uns vorbeikamen und so fiel es mir leicht in die Arbeit einzusteigen, da es eine große soziale Komponente gab, was ich sehr schätze. Zudem war die Atmosphäre in der Bibliothek insgesamt sehr familiär. Zum Bibliotheksteam gehörten mit mir als Praktikanten nur insgesamt vier Mitarbeiter*innen, was die Zusammenarbeit sehr persönlich und in meinen Augen sehr angenehm machte. Eigene Ideen konnten gut eingebracht werden und es gab viel Gestaltungsfreiraum, um sie umzusetzen. Da ich gerne selbstständig arbeite, war es perfekt für mich, dass ich viele Möglichkeiten hatte, meine Arbeit so zu gestalten, wie ich es gerne möchte. Nach einiger Zeit kannte ich unsere Stammkund*innen sehr gut und die gemeinsamen Unterhaltungen mit ihnen trugen mit zur angenehmen und familiären Atmosphäre bei. Hin und wieder habe ich auch Kund*innen dabei geholfen, sich die Texte in dem Buch, das sie gerade lasen, zu übersetzen oder ihnen anderweitig beim Deutschlernen behilflich zu sein.

Einen weiteren wichtigen Teil der Arbeit in der Bibliothek nahm die Veranstaltungsarbeit ein. So fanden in der Bibliothek regelmäßig Workshops für Kinder statt, etwa Basteln (jeweils passend zur jeweiligen Jahreszeit und ihren Festen und Bräuchen) oder musikalische Erzählungen, bei denen die Kinder mit verschiedenen Instrumenten eine vorgetragene Geschichte vertonten. Diese Workshops zu unterstützen, brachte großen Spaß. So konnte man den Kindern, die meistens im Grundschulalter waren, anmerken, wie viel Freude es ihnen machte, Herbst- oder Weihnachtsdekoration selbst herzustellen. Darüber hinaus kamen regelmäßig Schulklassen der verschiedenen deutschen Schulen in Bukarest zu uns zu Besuch. Diese hielten Unterricht bei uns, bekamen eine kleine Führung durch die Bibliothek oder nutzten unsere Brett- und Kartenspiele zum nicht ganz so ,trockenen’ Sprachenlernen.

Jeden Mittwochabend fand der Sprachstammtisch statt, der allen, die in Bukarest Deutsch sprechen wollen, eine entspannte Atmosphäre bietet, dies zu tun. Mit zwei weiteren Praktikantinnen habe ich diesen Stammtisch betreut. Wir haben uns Gedanken gemacht, zu welchem Thema wir uns an diesem Abend unterhalten wollen und wie wir am besten Gesprächsimpulse oder einen kleinen Input dafür geben können. Dies geschah über kleine Präsentationen und Erklär- oder Nachrichtenvideos zu einem Thema (etwa Brauchtum wie Fasching/Karneval, Marktschreier*innen auf dem Hamburger Fischmarkt), Songtextübersetzungen, Sprichwörter usw. Alle Teilnehmenden waren sehr motiviert. Viele wollten später zum Arbeiten nach Deutschland oder hatten lange dort gearbeitet und wollten ihre Kenntnisse nicht verlieren. Wir schufen gemeinsam eine entspannte und oft lustige Atmosphäre.

Das Praktikum hat mir zudem die Möglichkeit gegeben, neben der Arbeit in der Bibliothek auch Einblicke in die Arbeit der Sprachkursabteilung und Kulturabteilung zu bekommen, indem ich etwa bei Ausstellungen oder Veranstaltungen beim Aufbau und der Umsetzung mitgeholfen habe. So habe ich unter anderem für eine Weihnachtsfeier für Schüler*innen eine Weihnachtsgeschichtenlesung geplant und durchgeführt. Dafür las ich im Vorfeld viele unserer Bücher und Zeitschriften zum Thema quer und las schließlich einige Geschichten aus der Zeitschrift Gecko und Marc-Uwe Klings und Astrid Henns „Der Ostermann”. Es war sehr ungewohnt, mit einem Headset vor einem größeren Publikum zu sitzen und Weihnachtsgeschichten vorzutragen, es machte letztlich aber viel Spaß. Dennoch war ich über das Ende des Tages dann doch sehr froh, weil die Kinder sich für die Lesung Apfelpunsch und Plätzchen holen konnten und wir zwischen den Veranstaltungen schwer damit beschäftigt waren, den Raum so weit wie möglich von den vielen Plätzchenkrümeln zu reinigen.

3 Mein Alltag in Bukarest – Arbeit, Autoservire und Graffiti

Bukarest ist eine sehr lebendige Stadt. Es gibt viele Theater, etliche Festivals, günstige Programmkinos, sowie zahlreiche und abwechslungsreiche Konzerte und Partys. Auch in Bezug auf das Essen gibt es eine sehr breite Palette an Möglichkeiten. Da ich aber sehr wenig Geld zur Verfügung hatte, aß ich meistens bei sogenannten Autoservire Restaurants: Selbstbedienungsrestaurants, bei denen Kund*innen ähnlich einer Mensa ein Tablett eine Schiene entlang schieben und sich Station für Station bestellen, was ihnen zusagt. In der rumänischen Küche gibt es zwar auch viele Gerichte mit Fleisch, aber ich hatte keinerlei Probleme, als Vegetarier immer genug schmackhafte Alternativen zu finden. Meine Favoriten: Cașcaval pane (panierter Käse, ein bisschen wie Backcamembert), Pilaf mit Gemüse und Pilzen, Mămăligă (die rumänische Variante von Polenta) und sehr viele leckere Varianten von Bohnen. Stück für Stück entdeckte ich immer mehr Orte, an denen ich gut und günstig essen konnte und hatte schließlich in vielen Stadtteilen einen Ort, an den ich gehen konnte, wenn der Hunger mich überkam.

Nach einer 40-Stunden-Woche hatte ich oft leider nicht die Energie, mit der ich mich sonst gerne in die Entdeckung einer für mich neuen Stadt stürze. Zudem musste ich mich zunächst daran gewöhnen, dass Bukarest eine ziemliche Autostadt ist. Viele Bewohner*innen greifen auf das Auto als Mittel der Wahl zur Fortbewegung zurück. Ich mag es, neue Städte zu Fuß zu erkunden, aber oft musste ich in Bukarest, um den Weg nicht zu sehr zu verlängern, an viel befahrenen Straßen entlanglaufen, was zu Beginn eine gewisse Reizüberflutung für mich bedeutete. Aber Stück für Stück gewöhnte ich mich daran und entdeckte einige Lieblingsorte für mich: etwa die Parks Herăstrău und Cișmigiu oder die Programmkinos Eforie und Union. Es gibt insgesamt viele schöne Parks und Spielplätze in Bukarest, durch die man sich treiben lassen kann und an einem Kiosk einen gekochten Maiskolben und etwas zu trinken kaufen kann. Im Winter entsteht im Cișmigiu-Park eine Eisbahn. Es war schön, auf dem Weg von oder zur Arbeit dort vorbeizukommen und die Leute dabei zu beobachten, wie sie es genossen, mitten in der Stadt Schlittschuhlaufen zu können. Was ich aus Hamburg allerdings etwas vermisst habe, ist, dass der Fluss Dâmbovița, der mitten durch die Stadt fließt, größtenteils nicht erreichbar ist, sondern in einem Betonkanal durch die Stadt geleitet wird, der die Bewohner*innen etwas auf Abstand hält.

Ein Versuch, eine neue Stadt zu mir sprechen zu lassen, ist, indem ich mich auf die Spurensuche nach Graffiti mache: Wer ist besonders dominant und an den Wänden in vielen Stadtteilen anzutreffen? Lassen sich Feind*innenschaften erkennen, etwa Writer*innen, die sich immer gegenseitig mit ihren Tags/Namenszügen übersprühen? Für mich war unter anderem interessant, dass die 1UP-Crew, die international sehr aktiv ist, ihren Anfang aber in Berlin-Kreuzberg genommen hat, in Bukarest zu einer der aktivsten Crews zu gehören scheint.

Abb. 2: Ein Bild der 1UP-Crew in der Nähe des Cișmigiu-Parks, in der Altstadt von Bukarest (Quelle: eigene Fotografie, 2023).

In fast jedem Stadtteil Bukarests konnte ich Bilder der Gruppe entdecken (s. Abb. 2). Spannend war für mich, dass gerade zu der Zeit, als ich in Bukarest war, ein Dokumentarfilm3 über rumänische Sprayer*innen in den Kinos dort lief. Es hat viel Spaß gemacht, von mir im Stadtraum entdeckte Bilder mit den in der Dokumentation kennengelernten Künstler*innen in Verbindung zu bringen.

4 Resümee

Die innerhalb eines halben Jahres gemachten Erlebnisse lassen sich nicht alle auf einmal abrufen und so bleibt dieser Artikel nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was ich alles an beeindruckenden und inspirierenden Erfahrungen in Bukarest sammeln konnte. Ich kann jede*m nur sehr ans Herz legen, selbst Erfahrungen in einer ganz anderen Stadt zu sammeln. Dabei stolpert man über viele neue Dinge und kann wahrscheinlich auch einige neue Seiten an sich selbst kennenlernen. Ich bin auf jeden Fall mit einer Vielzahl an neuen Impulsen und Arbeits-/Erfahrungen nach Hamburg zurückgekehrt. Absolut darin bestärkt, dass ich gerne in einer Bibliothek arbeiten möchte. Und mit der Sehnsucht, bald wieder die Möglichkeit zu bekommen, nach Rumänien zurückzukehren.

Literatur

Decescriuastiapepereti, 2023. De Ce Scriu Ăștia Pe Pereți? / Why Do They Write On Walls? - Trailer ENG. In: YouTube [online]. 03.11.2023 [Zugriff am: 14.11.2024]. Verfügbar unter: https://www.youtube.com/watch?v=sOhTbc1Wc9E

Goethe-Institut (o. D). Wer wir sind [online]. Das Goethe-Institut. München: Goethe-Institut e. V. [Zugriff am: 14.11.2024]. Verfügbar unter: https://www.goethe.de/de/uun/org.html


  1. Online beworben hatte ich mich Ende März, eine Antwort per Mail erhielt ich am 26. Mai. Das Telefongespräch, in dem ich schließlich die Zusage erhielt, fand am 14. Juni statt.↩︎

  2. Ein Bauwerk, das während des Sozialismus unter dem Diktator Ceaușescu durch enorme Verschuldungen im Ausland erbaut wurde. Es liegt sehr zentral gelegen am Rande der Altstadt.↩︎

  3. Zum Trailer mit englischen Untertiteln: De Ce Scriu Ăștia Pe Pereți? / Why Do They Write On Walls? - Trailer ENG https://www.youtube.com/watch?v=sOhTbc1Wc9E (Abgerufen am: 10.11.2024) Der Titel des Films bedeutet: Warum schreiben sie auf Wände?↩︎

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2024-11-11

Akzeptiert

2024-11-19

Veröffentlicht

2025-02-04