Authentisches Lehrmaterial

Entwicklung von Podcasts zum Selbststudium für Deutschlernende

  • Daniela Walter ORCID logo Freie Universität Berlin

DOI:

https://doi.org/10.15460/kommges.2020.21.2.631

Schlagworte:

Podcast im Unterricht, Deutsch als Fremdsprache, Vermittlung gesprochener Sprache, Hörverstehen, authentisches Lernmaterial

Redaktion und Begutachtung

  • Nele Heise ORCID logo Digital Media & Communication Researcher Hamburg
  • Nils Zurawski ORCID logo Universität Hamburg

Abstract

Der Podcast ist ein Medium aus dem Alltag, das den Sprachenunterricht positiv unterstützt. Authentisches Audiomaterial, das mit der Lebenswelt der Lernenden verknüpft ist, fehlt auf dem Lehrwerksmarkt. Das zeigt sich in einer exemplarischen Lehrwerksanalyse. Im Folgenden wird aufgezeigt, wie ein eigener Podcast konzipiert wurde, um Deutschlernenden als kursbegleitendes Material zu dienen. In einer Prästudie wurde er mithilfe eines Fragebogens an vier Teilnehmenden mit Erstsprache Spanisch getestet. Die Studienergebnisse zeigen, dass die Sprechweise der Sprechenden, bildhafte Sprache und Hintergrundgeräusche Einfluss auf den Verstehensprozess nehmen, dialektale Färbung jedoch kaum. Es ist zu erkennen, dass Lernende authentisches Material bevorzugen und akzeptieren, dass sie nicht jedes Detail verstehen. Die Ergebnisse lassen auf eine erfolgreiche Arbeit mit Podcasts im Selbststudium schließen. Jedoch wären umfangreichere Studien nötig, um tatsächliche Erfolge zu messen.

1 Einführung

Für Lernende kann es entscheidend sein, mit der „wirklich“ in deutschsprachigen Ländern gesprochenen Sprache in Berührung zu kommen. Das von Lehrwerksreihen der deutschen Sprache angebotene, didaktisierte Audiomaterial wird von der Autorin als nicht authentisch1 angesehen, um den Lernenden einen alltagsgebräuchlichen Zugang zur deutschen Sprache zu ermöglichen. Hierzu eignen sich Podcasts als Lernmedium. Beschäftigt sich die englischsprachige Forschung schon längere Zeit mit der Anwendung von Podcasts im Lernkontext und speziell zum Sprachenlernen (Alm, 2013; Cross, 2014, 2016; Hall, 2012; Rosell-Aguilar, 2007), ist im deutschen Forschungsraum nur wenig Literatur zu finden. Zudem divergieren Studienergebnisse zu dessen Lernerfolg und unterscheiden sich stark in ihrem Aufbau, was einen Vergleich erschwert. Die vorliegende Arbeit untersucht, wie ein Podcast konzipiert sein muss, damit er für Lernende niveaugerecht, aber authentisch, allein bearbeitbar und thematisch relevant ist. In einem ersten Schritt wird für eine realistische Niveaueinstufung der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen (GER) herangezogen (Abschnitt 2.1) und auf die Problematik der Vermittlung von gesprochener Sprache mithilfe authentischen Materials eingegangen (Abschnitt 2.2), um dann einen Status Quo des Angebots an Hörverstehen von Lehrwerken zu ermitteln (Abschnitt 2.3). Davon ausgehend wurden die spezifischen Chancen des Podcasts als Instrument in der Lehre beleuchtet (Abschnitt 3.1). Auf Basis dieser Erkenntnisse wurde die Konzeption des Podcasts Momentaufnahmen abgeleitet (Abschnitt 3.2). In einer Prästudie wurde Momentaufnahmen mit vier Teilnehmenden mit Erstsprache Spanisch angewendet (Abschnitt 3.3). Sie rezipierten sowohl das Audiomaterial als auch den zugehörigen Blogpost zum Podcast. Auf einem Fragebogen beantworteten sie Multiple-Choice-Fragen, die auf ihr inhaltliches Verstehen des Materials und ihre persönliche Einschätzung des Mediums schließen lassen. Die Ergebnisse zeigen, dass Lernende mit authentischem Podcastmaterial umgehen können und motiviert sind, dies zu tun. So wird versucht, das Bedürfnis nach authentischem Audiolehrmaterial als Zusatzmaterial mit passendem Niveau für den Unterricht Deutsch als Fremdsprache zu befriedigen.

2 Grundüberlegungen zu Hörverstehen im Sprachenunterricht

Bei der Fremdsprachvermittlung sollte die Fertigkeit Hören einen Aspekt der Lehrmethoden darstellen. Welche Anforderungen an Lernende gestellt werden, mit welchen Herausforderungen rund um die gesprochene Sprache sich Lehrende auseinandersetzen müssen und was eine authentische Vermittlung bedeuten kann, soll im Folgenden geklärt werden. Dem schließen sich die Erkenntnisse einer Überprüfung dreier Lehrwerksreihen hinsichtlich der genannten Punkte an.

2.1 Anforderungen zum Hörverstehen nach GER

Bevor passendes Lernmaterial erstellt werden kann, ist es essenziell, sich mit den Anforderungen des GER vertraut zu machen. Er hält für die Fertigkeit Hören auf B1.1-Niveau2 fest, dass Lernende die Hauptpunkte verstehen, wenn in deutlich artikulierter Standardsprache über vertraute Themen gesprochen wird. Sie können längeren Gesprächen folgen und sich einzelne unbekannte Wörter bei vertrauten Themen erschließen. Auf B1.2-Niveau ist mehr Detailverstehen zu erwarten, wenn Sprechende klar oder in vertrautem Akzent artikulieren sowie eine größere Themenflexibilität. Sind Tonaufnahmen anspruchsvoller, aber von persönlichem Interesse, werden sie verstanden, solange deutlich und in Standardsprache gesprochen wird. Bei Texten aus dem eigenen Fach- oder Interessensgebiet ist es für Lernende leichter, unbekannte Wörter über den Kontext abzuleiten. Auf B2-Niveau verstehen Lernende die Hauptaussagen längerer und komplexerer Redebeiträge zu konkreten und abstrakten, aber weitgehend vertrauten Themen. Auch hier muss Standardsprache verwendet werden. Mit einiger Anstrengung verstehen Lernende den Großteil von Gesprächen zwischen deutschen Erstsprechenden. Sie verfügen auch über Strategien, um ihr Verstehen zu sichern, denn sie achten auf Kernpunkte und überprüfen ihr Verstehen über den Kontext. Sie kennen die üblichen Wechsel, Stile und Töne in einer Konversation. Störend sind noch immer extreme Hintergrundgeräusche, mangelnde Struktur oder starke Idiomatik3 (vgl. GER 2001: 44, 73f., 84). Basierend auf diesen Anforderungen sollte eine Arbeit mit authentischen Podcasts ab dem B1.2-Niveau möglich sein.

Der GER geht also bis zu einem Sprachniveau im fortgeschrittenen Stadium davon aus, dass die Lernenden lediglich im Stande sind, standardsprachliche Hörtexte zu verstehen. Die Forschung hält aber fest, dass die gesprochene Sprache immer an Situation und Kontext angepasst ist, da sie institutionstypischen Mustern und dem Zweck der Kommunikation unterliegt und demnach nicht dem genannten Standard entspricht (Eisenberg et al., 2016, Art. 1974). Möchte man trotzdem eine Orientierung in der gesprochenen Sprache finden, stößt man schnell auf die sogenannte „Standardsprache“, die in formalen Kontexten Anwendung findet. Sie orientiert sich an der schriftlichen Form des Deutschen und wird nur von überregionalen Sprecher:innen benutzt. Sie verzichtet auf Dialekte und stark regionale Varietäten. Tatsächlich gibt es aber in den meisten Regionen Deutschlands keinen komplett kompetent Sprechenden des Standards (Deppermann, Kleiner & Knöbl, 2013, S. 88, 111f). Der GER lässt allerdings offen, wie er Standardsprache definiert. Sollte er sich an der oben genannten Definition orientieren, wäre das kritisch zu betrachten. Seine Anforderungen wären als realitätsfern anzusehen, sollten die Lernenden sich im deutschsprachigen Raum aufhalten, denn dort ist eine reine Verwendung der Standardsprache in ihrem Alltag unwahrscheinlich. Ein Training mit Material, das dem alltäglichen Sprachgebrauch näherkommt als die Standardsprache, wird daher als notwendig erachtet.

2.2 Herausforderungen der Vermittlung gesprochener Sprache und der Authentizität im Lehrkontext

In der Forschungsliteratur lassen sich mehrere Herausforderungen in der Arbeit mit gesprochener Sprache im Fremdsprachenunterricht erkennen. Die geschriebene Sprache hat in Lehrinstitutionen bislang Vorrang und wird stärker gefördert, da sie „verlässlich, bedeutsam und wertvoll“ (Eisenberg et al., 2016, Art. 1960) scheint. Dies beruht darauf, dass Gesprochenes schon nach kurzer Zeit nicht mehr exakt wiederholt werden kann. Weiterhin ist die gesprochene Sprache weder sichtbar noch objektiv, was eine Untersuchung erschwert (vgl. ebd., Art. 1956-1968). Daraus folgt, dass das Hören im Fremdsprachenunterricht weniger dringlich geschult wird als Lesen oder Schreiben. Auch der Zeitaufwand einer Hörverstehensübung ist eine Barriere bei der Unterrichtsplanung und weckt den Bedarf nach Hörverstehen für die Anwendung außerhalb des Unterrichtsraumes.

Weitere Herausforderungen bei der Vermittlung gesprochener Sprache stellen deren verschiedene Register4 dar. Diese Register treten je nach Situation als charakteristische Wortbildungen und Wörter auf, die mit einer spezifischen Semantik belegt sind. Nach GER sollen die Lernenden bis B1-Niveau ein neutrales, förmlich-höfliches Register beherrschen. Erst später kommen ein formelleres und ein freundschaftlicheres Register hinzu, was allerdings in Konflikt mit der Anforderung eines realitätsgetreuen Lernens für den Alltag steht. Der GER schlägt vor, Register zunächst rezeptiv durch die Lektüre verschiedener Textsorten zu lernen (vgl. GER 2001: 120), wozu sich der authentische Podcast eignet.

Eine systematische Vermittlung gesprochener Sprache wird zudem dadurch erschwert, dass dort Syntaxstrukturen unauffällig sind, die in geschriebener Sprache nicht akzeptiert wären. Diese sind jedoch sehr häufig, da sie Kernaussagen schneller vermitteln und dadurch sprachökonomisch wirken. Beispiele hierfür sind Ellipsen (Sätze, in denen Redeteile erspart werden) oder Rückversicherungssignale (beispielsweise stimmt’s, oder, gell) (Fiehler, 2012, S. 302). Die gesprochene Sprache umfasst auch die Ebenen von Intonation, Sprechgeschwindigkeit, Lautstärke und Prosodie, die sich je nach Kultur, Sprechenden, Emotion und Relevanz der Aussage unterscheiden. Als Empfangende müssen auch Lernende diese korrekt interpretieren. Es kommt hinzu, dass im Gesprochenen nicht jedes Graphem lautlich realisiert wird. Dadurch treten beispielsweise Vereinfachungen oder Verschmelzungen auf, die eine Entschlüsselung der Botschaft erschweren. Eine Aussprachenorm existiert bisher laut Duden nicht, was die Sprachvermittlung komplex gestaltet (Eisenberg et al., 2016, Art. 2009-2012). Da die gesprochene Sprache simultan zur Echtzeit produziert wird, treten Fehler häufiger auf als in der geschriebenen Sprache. Diese fehlerhaften Aussagen sind oftmals trotzdem funktional. Sie können aber auch nachträglich vom Sprechenden oder von außen bearbeitet werden. Ein Regelverstoß wird seltener und subtiler sanktioniert als im Schriftlichen (Eisenberg et al., 2016, Art. 1974-1978, 2015-2069).

Für den Umgang mit Varietäten der Standardsprache gibt der GER vor, dass die Lernenden sie zunächst nur erkennen sollen. Ab B2-Niveau wenden sie diese selbst und auch soziolinguistisch angemessen an (vgl. GER 2001: 120f.). Die späte Auseinandersetzung mit Varietäten liegt daran, dass der Fremdsprachenunterricht auf eine Norm angewiesen ist, an der sich die Vermittlung orientiert. Ein Standard hilft den Lernenden vor allem am Anfang, Regeln zu identifizieren. Jedoch steht die Vermittlung des reinen Standards in Konflikt mit dem Ziel, schnell alltägliche Anforderungen in der Zielsprache wie Kontaktpflege und die natürliche Bewegung in der fremden Sprachgemeinschaft zu meistern. Schneider (2013) schlägt also vor, im Unterricht auf Abweichungen aufmerksam zu machen und darüber aufzuklären. Anschließend seien Abweichungen am besten im lebendigen Gebrauch zu erlernen. Er lässt jedoch offen, wie das realisiert werden kann (Schneider, 2013, S. 105ff). Hier könnte der Einsatz eines Podcasts Abhilfe schaffen, da alle Merkmale der gesprochenen Sprache in Podcasts zu finden sind, vorausgesetzt der Inhalt wird nicht aus vorgeschriebenen Dialogen von professionellen Sprecher:innen vorgelesen.

Anspruch der Autorin war die Konzeption authentischen Materials. Einzuräumen ist, dass die volle Authentizität von Hörverstehen nicht möglich ist, da Hörverstehen immer in eine Unterrichtssituation eingebettet bleibt, in eine vorgestellte Wirklichkeit also (vgl. Adamczak-Krysztofowicz, 2009a, S. 324; Bachmann-Stein, 2013, S. 40, 54). Für passende authentische Aufgaben gilt, dass sie Wissen vorgeben, Neues mit vorhandenem Wissen verbinden und es erweitern. Sie stoßen eine natürliche Kommunikation im Unterricht an, in der die Lernenden einen Anlass sehen, inhaltlich über ein Thema zu sprechen. Sie lenken den Fokus auf das, was gehört wurde und testen nicht auf Verstehenslücken. Sie klären die Lernenden auf einer Metaebene über den Verstehensprozess auf und schulen passende Strategien. Sie sind Schritte, um auf die eigene metatextuelle Kenntnis bezüglich Absicht, Kontext, Struktur und Funktion des Hörtextes zurückzugreifen. Mit ihnen planen Lernende zuerst den Hörprozess, überwachen ihn, ehe sie eventuelle Probleme lösen und sich schließlich selbst evaluieren, um die eigene Progression zu verstehen (vgl. Solmecke, 2003, S. 4, 8; Cross, 2016, S. 64ff, 2014, 10ff; Vandergrift, 2012, S. 87ff, 129, 200f, 279). Im Hinblick auf Podcasts sind derartige Aufgaben hilfreich, da diese sich losgelöst von Lehrwerken einer authentischen Lexik und Grammatik bedienen, die den Lernenden aber unter Umständen noch unbekannt ist (vgl. Baßler & Spiekermann, 2002, S. 208). Darüber sollten sie vorher aufgeklärt werden und mit passenden Strategien versorgt werden, die es ermöglichen z.B. unbekannte Lexik im Kontext zu lernen. Gerade für das Studium der Partikelwörter5 ist dies effektiv, da diese kontextuell stark variieren, aber das Gespräch organisieren und erhalten. Zudem ist vor allem für Erwachsene aufgrund ihrer Lebenserfahrung das Erschließen fehlenden Wortschatzes über allgemeines Vorwissen fruchtbar. Für Lernende erleichternd bei der Arbeit mit authentischem Audiomaterial ist, dass ungeplant produzierte Hörtexte Redundanzen oder Pausen sowie kürzere Sinneinheiten enthalten. Diese geben den Hörenden mehr Zeit, das Gehörte zu verarbeiten (vgl. Vandergrift, 2012, S. 11, 60ff; Rösler, 2016, S. 40, 139f; Sharma & Barrett, 2007, S. 7ff, 165).

Die Frage nach dem richtigen Einsatzzeitpunkt authentischen Materials beantwortet Adamczak-Krysztofowicz (2009) mit der Empfehlung einer frühen Einbindung, um die Lernenden für den realen Gebrauch vorzubereiten und Interaktionssignale und Handlungsmuster wie beispielsweise Höflichkeitsfloskeln zu ritualisieren(vgl. Adamczak-Krysztofowicz, 2009b, S. 150f, 165).

Podcasts sind sowohl im Kursraum als auch im Selbststudium anwendbar. Damit ist in diesem Kontext das Studium zu Hause im Zuge des Unterrichts mit einer Lehrperson gemeint, die Feedback gibt. Es fördert die Lernendenautonomie und gibt den Lernenden die Chance in ihrem Tempo zu arbeiten sowie ihren persönlichen Interessen zu folgen. Der Podcast fördert also die Überschneidung ihrer realen Lebenswelt mit dem Lernen. Um die Autonomie zu wahren, aber Überforderung und Frustration zu vermeiden, gibt die Lehrperson am besten eine thematisch breite, aber quantitativ limitierte Materialauswahl oder aber Schlüsselwörter für eine autonome Recherche vor. Anders als mit den meisten Hörverstehen aus Lehrwerken können die Lernenden sich mit ihrem selbst recherchierten Hörmaterial identifizieren. Unumgänglich sind auch eine technische Einweisung und eventuelle Unterstützung durch die Lehrperson während der Verwendung (vgl. Fonesca-Mora, 2014, S. 164ff).

2.3 Lehrwerksanalyse

Auf Basis dieser Anforderungen und Erkenntnisse wurden die Arbeitsbücher dreier Lehrwerksreihen6 auf B1.2- und B2.1-Niveau analysiert, um Schwächen des bestehenden Materials zu erkennen und zu identifizieren. Nach einer umfassenden Analyse im Rahmen der Masterarbeit der Autorin (Walter, 2019, S. 14ff) ist zu erkennen, dass die Lehrwerkskonzipierenden hinsichtlich der Vermittlung von gesprochener Sprache in Konflikt stehen. Einerseits soll gesprochene Sprache laut GER vermittelt werden, andererseits sind die Autor:innen aber an die deutsche Orthographie und Grammatik der geschriebenen Sprache gebunden. Es lässt sich feststellen, dass das Sprachlernpotenzial der Lehrwerke theoretisch hoch ist, da versucht wird, viele Alltagssituationen und Redemittel in die Hörverstehen einzubinden. Doch die standardsprachlich verfassten Texte werden von professionellen Sprecher:innen abgelesen, ohne Einbindung der Charakteristika gesprochener Sprache. Auch wenn die Lehrwerksautor:innen selbst ihr Material als authentisch ansehen, kann dies angezweifelt werden. Unter dem Deckmantel von Situationen aus dem Alltag der Lernenden verbergen sich extrem ergebnisorientierte Hörtexte und -aufgaben, die vor allem die Funktion erfüllen, gehörte Detailinformationen abzuprüfen. Im Selbststudium ist das analysierte Material nicht korrekt platziert, da es von Strategieaufklärung und attraktiv gestalteten Texten absieht. Deshalb sollten sich Lehrende und Lernende an diesem Punkt aktiv nach weiterem Material umsehen. Da aber das von Verlagen online zur Verfügung gestellte Material ebenso nicht-authentisch konzipiert ist, können Podcasts eine gute Option sein.

3 Podcasts in der Sprachvermittlung

Für Lehrende, die Wert auf eine lebensnahe und für Lernende ansprechende Vermittlung legen und bereit sind, mehr als nur Lehrwerke zu nutzen, ist der Podcast eine optionale Quelle. Mit ihm lassen sich verschiedene Disziplinen der Fremdsprache fördern und authentisch vermitteln. Zu diesem Zweck wurde der Podcast Momentaufnahmen von der Autorin selbst entwickelt und vorgetestet. Daraus lassen sich verallgemeinernd Erkenntnisse zur Arbeit mit Podcasts in der Sprachvermittlung ableiten.

3.1 Chancen der Arbeit mit dem Medium in der Sprachvermittlung

Das Medium Podcast bietet vielerlei Chancen für den Einsatz im Unterricht. Durch die mobile und einfache Bedienung ist eine Rezeption jederzeit überall von allen Menschen mit Onlinezugang, so auch Lernenden möglich (Domenichini, 2018, S. 48). Parallel zu Alltagstätigkeiten angewendet gehen Vertreter:innen der Comprehension Hypothesis von einem erfolgreichen Lernprozess aus, der unbewusst geschieht. Der Lerneffekt erhöht sich dadurch, dass die Lernenden im Privaten nicht unter Leistungs- oder Prüfungsdruck stehen (Krashen 2008: 180). Die Rezeption ohne aktive Weiterarbeit kann sicherstellen, dass die Lernenden zwischen den Unterrichtseinheiten mit der deutschen Sprache in Kontakt sind. Allerdings liegt es an der Lehrperson, vor der Verwendung zu definieren, ob eine fokussierte Beschäftigung oder aber ein Nebenbeihören erwünscht ist. Auch über eine optionale oder verpflichtende Rezeption muss sie informieren (vgl. Gehring, 2018, S. 81).

Ein weiterer Vorteil besteht in der kostenlosen Materialmenge, auf die die Lernenden online jederzeit Zugriff haben. Das Medium wird von ihnen als intrinsisch angenehm empfunden, da es jegliche individuellen Interessensgebiete abdecken kann. Die sich ständig erneuernden Inhalte sorgen zudem für eine leichte Habitualisierung der Rezeption. Die Lernenden können auch einen persönlichen Bezug zur Community des Podcasts aufbauen. All dies spielt positiv in die Motivation der Lernenden und die daraus resultierende Aktivität, Kooperationsbereitschaft und Arbeitskontinuität ein (vgl. Rosell-Aguilar, 2007, S. 479f).

Speziell im Sprachenunterricht muss eingeräumt werden, dass die Vorbereitung für die Lehrperson bei der Arbeit mit Podcasts zeitintensiver sein kann. Sie profitiert andererseits aber davon, dass das Material nicht im Unterricht rezipiert werden muss und so in der Unterrichtseinheit mehr Zeit für Interaktion bleibt. Eine regelmäßige Rezeption zu Hause und eine daraus resultierende längere Konfrontation mit der Fremdsprache steigert zudem das Selbstvertrauen im Umgang mit der Sprache. Dadurch, dass die Lernenden die Audios selbst starten, stoppen, wiederholen oder verlangsamen können, sind sie für alle Lerntempi geeignet: als Stütze, um Inhalte aus dem Unterricht nachzubereiten oder als vertiefendes Fertigkeitentraining (vgl. Cross, 2016, S. 62ff; Alm, 2013, S. 267ff; Walls et al., 2010, S. 372).

Wie effektiv die Arbeit mit Podcasts ist, kann nicht hinreichend beantwortet werden, da bisher durchgeführte Studien in ihrem Versuchsaufbau und dem Einsatzziel des Mediums stark voneinander abweichen und Kontrollgruppen fehlen. Gemessen an erzielten Noten beeinflusst die Arbeit mit Podcasts den Lernerfolg entweder gar nicht oder aber sehr positiv. Fremdsprachenlernende selbst gehen subjektiv von einer Verbesserung ihrer Hörstrategien aus. Für den Erfolg entscheidend scheint, dass die Lernenden den Podcast als obligatorisches und effizientes Material ansehen, ausreichende technische Kenntnis besitzen und mit passenden Strategien und Aufgabenstellungen versorgt werden (vgl. McCombs & Liu, 2007, S. 132; Abdous, Facer & Yen, 2015, S. 18f; Edirisingha, Rizzi, Nie & Rothwell, 2007, S. 91ff; Hall, 2012, S. 24ff; Mitchell, 2012, S. 29, 68; Yeh, 2014, S. 137ff).

3.2 Präsentation des Konzepts zu ‚Momentaufnahmen’

Im Folgenden soll das für diese Untersuchung konzipierte Material Momentaufnahmen umrissen werden. Es handelt sich um einen Podcast, der sowohl von Erstsprechenden des Deutschen als auch Lernenden konsumierbar ist und somit als authentisches Material gelten kann.7 Gleichzeitig sollte er für junge Erwachsene ab B1.2-Niveau verständlich und nicht zu anspruchsvoll hinsichtlich Varietäten, Sprechweisen und Hintergrundgeräuschen sein. Zudem möchte er allein bearbeitbar und nah an der Lebenswelt der Lernenden sein, damit diese intrinsisch motiviert sind, mit ihm zu lernen. Er sollte als Unterstützung des bestehenden Unterrichts dienen. Ziel von Momentaufnahmen ist, Lernende auf eine reale Kommunikation in ihrem Alltag beziehungsweise auf die Nutzung deutschsprachiger Medien vorzubereiten. Genauer bedeutet dies ein Erkennen, Einschätzen und Verwenden von Begrüßungsformeln, Füllwörtern, Registern, Redensarten und Höflichkeitskonventionen, die für die Kommunikation mit Gleichaltrigen passend ist. Aber auch die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Denken und Handeln von Akteuren der Zielgemeinschaft und das Erkennen von sozialen Gruppen innerhalb dieser soll gefördert werden.

Dazu wurden 12 Personen im Alter zwischen 25 und 30 Jahren interviewt, die Erstsprechende des Deutschen sind und in verschiedenen Teilen Deutschlands leben. In jeder Folge wird eine Personen vorgestellt, bevor sie drei Fragen aus dem Themenkreis Arbeit, Leben in Deutschland und individuelle Werte gestellt bekommt. Obwohl immer andere Fragen beantwortet werden, bleibt die Grobstruktur der Folgen gleich. Das stützt die Lernenden, weil sie den ritualisierten Ablauf kennen. Da die Interviewten keine professionellen Sprecher:innen sind und keinen Text ablesen, bedienen sie sich unterschiedlicher Varietäten und weisen individuelle Sprechcharaktere auf. Das Register entspricht jungen Menschen zu Beginn des 21. Jahrhunderts, die sich in einem nicht-formellen Kontext befinden. Eine Entschlüsselung des Gehörten kann Lernenden dadurch leichter fallen, dass die besprochenen Themen aus der unmittelbaren Lebenswelt der Lernenden gegriffen sind. Sie ähneln denen der Sprechenden, da beide Parteien einer Generation angehören. Das regt zu einer interkulturellen Selbstreflexion an, die authentisch und nicht primär ergebnisorientiert ist. Erreicht werden soll ein Erkennen, Respektieren und Akzeptieren der Differenzen in den Deutungsmustern der eigenen und der Fremdkultur. Auf lange Sicht sollen so Stereotypen abgebaut und eine persönliche Zuhörbereitschaft und Flexibilität mit anderen Wert- und Glaubenssystemen erlangt werden.

Linguistisch werden Phänomene wie Gesprächsaufbau, Varietäten, Partikeln, aber auch Höflichkeit für die Lernenden greifbar, indem Erstsprechende sie auf natürliche Weise anwenden. Hier spielt auch das Verinnerlichen einer natürlichen Intonation der Fremdsprache mit ein. Dieses Wissen ist für ein Eintauchen in die Zielkultur förderlich, da Lernende dann kompetenter in die Kommunikation mit Erstsprechenden treten können. Dem kommt hinzu, dass die Fragen für den Podcast so konzipiert sind, dass sie sich auf Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft und eine utopische Situation beziehen, was die Verwendung verschiedener Tempi und Modi obligatorisch macht.

Für die Anwendung des Materials im Unterricht können verschiedene Ansätze gewählt werden. Da in der Literatur Uneinigkeit bezüglich der optimalen Länge einer Podcastfolge für den Sprachunterricht herrscht (vgl. McCombs & Liu, 2007, S. 134; Mitchell, 2012, S. 67), sollte diese abhängig von der Progressionsabsicht gewählt werden. Zur Stärkung der Hörstrategien ist es sinnvoll, kleinschrittig zu arbeiten. Die Lernenden treffen vor der Rezeption einer kurzen Sequenz Vorhersagen und evaluieren sie nach der Rezeption. Eine andere Option ist das Anhören der gesamten Folge, um das Audio in einem zweiten Durchgang mehrmals anzuhalten. Sinnvoll scheint die Unterteilung in zehnminütige Sequenzen, um nicht nur die Progression, sondern auch die Motivation der Lernenden zu steigern (vgl. Rosell-Aguilar, 2007, S. 480ff; Vandergrift, 2012, S. 200f).

Bezüglich einer produktiven Weiterarbeit eignet sich Momentaufnahmen, weil das Material eine authentische Aufgabenstellung zulässt. Hier kann auf die realen Teaser, Bloglinks und Shownotes des Podcasts zurückgegriffen werden. Je nach Lernendenprofil, aktuellem Unterrichtsthema und zu trainierender Fertigkeit konzipiert die Lehrperson damit Aufgaben. Ambitionierte Kurse können in die Konzeption eingebunden werden, indem Lernende selbst Aufgaben für ihre Mitlernenden entwerfen. Für eine möglichst authentische und autonome Variante verfassen sie einen Kommentar unter dem existierenden Blogpost zur zugehörigen Episode. Hierbei stimmen sie den Ansichten der Sprechenden zu oder lehnen sie höflich ab und begründen ihre Meinung. Wenn die Lernenden Mitgestaltungsmöglichkeiten haben, das Material als relevant ansehen und dadurch langanhaltend motiviert sind, ist das übergeordnetes Ziel des Materials erreicht, das die Identifizierung der Lernenden mit der Lehre beabsichtigt.

3.3 Prästudie zu ‚Momentaufnahmen’: Aufbau, Resultate, Diskussion

In einem nächsten Schritt wurde Momentaufnahmen an Lernenden in Form einer Prästudie getestet. Im Rahmen der Masterarbeit konnte sie mit nur vier Teilnehmern durchgeführt werden. Eine Verallgemeinerung der Ergebnisse ist also nur bedingt möglich. Die Vorkenntnisse der Teilnehmenden bezüglich der deutschen Sprache unterscheiden sich voneinander, alle teilen jedoch Spanisch als Erstsprache und befinden sich mindestens auf B1.2-Niveau. Während der Prästudie konnten sie auf der Webseite des Blogs zu Momentaufnahmen navigieren, den zugehörigen, unterstützenden Blogpost8 lesen und das Audio selbst steuern, um die Situation des Selbststudiums zu simulieren. Dieses Audiomaterial ist ein Zusammenschnitt von vier Folgen und beschränkt sich auf zehn Minuten.9 Der zugehörige Multiple-Choice-Fragebogen wurde zu Beginn der Studie gereicht, sodass die Teilnehmenden die Fragen zu ihrem bevorzugten Zeitpunkt beantworten konnten. Es wurden sowohl inhaltliche Fragen zum Hörtext als auch zur subjektiven Einschätzung des Materials und der persönlichen Verwendung von Podcasts gestellt. Es bestand die Möglichkeit zwischen [++] (stimme völlig zu) bis [--] (stimme gar nicht zu) auszuwählen, sowie gar keine Antwort zu geben.

Abbildung 1: Anteil richtiger Antworten der Prästudien-Teilnehmer:innen (N = 4). Quelle: Walter (2019): Abschnitt 6.5

Die umfassenden Ergebniszahlen der Prästudie können in der Masterarbeit der Autorin nachgelesen werden (Walter, 2019, S. 63ff). Die Teilnehmenden beantworteten mindestens 79,5 % der Fragen korrekt, wobei die einzelnen Sequenzen unterschiedliche Fehlerquoten aufweisen. Die Sprechenden haben unterschiedliche Sprechcharaktere, die u.a. durch ihre Sprechgeschwindigkeit und -lautstärke geprägt sind, was den Verstehensprozess der Teilnehmenden beeinflusste. Auch Hintergrundgeräusche und Komplexität des Themas wirkten sich auf die Teilnehmenden aus. Hinsichtlich der gesprochenen Sprache führten Wiederholungen, mehrmaliges Ansetzen der Äußerung und die Verwendung von Partikeln, aber auch dialektale Färbung nicht zu inkorrekten Antworten. Von den Teilnehmenden als Hürde wurde ihr fehlender Wortschatz gesehen. Trotz seines Anspruchs bevorzugten die Teilnehmenden authentisches Material gegenüber Lehrwerken und akzeptierten den Fakt, dass sie nicht alle Details verstanden. Sie sind ebenfalls dazu bereit, mit dem Material im Selbststudium zu arbeiten und finden es ansprechend, sodass sie sich eine künftige Weiterarbeit vorstellen können. Während der Studie wiederholten die Teilnehmenden das Audio unterschiedlich oft, meist zweimal. Alle Teilnehmenden kannten das Medium Podcast bereits und hatten mit ihm zum Teil bereits im Deutschunterricht gearbeitet.

Es lässt sich festhalten, dass Lernende die Kernaussagen sowie einige Details von Momentaufnahmen abhängig von Sequenz und Lernenden greifen konnten, wenn auch unterschiedlich gut. Je detaillierter die Fragen gestellt und je mehr Schlüsselwörter in inkorrekte Antwortmöglichkeiten eingebunden wurden, desto höher war die Wahrscheinlichkeit einer falsch abgegebenen Antwort. Mit dem Ziel eines möglichst kleinen Verlusts von Antwortinhalt aufgrund von Übersetzungsfehlern wurden die Antwortmöglichkeiten im Fragebogen vorgegeben. Dadurch konnte allerdings nicht mit Sicherheit überprüft werden, ob die auftretenden Varietäten als individuelle Phänomene erkannt wurden. Sie schienen jedoch wenig Einfluss auf das Verstehen der Informationen zu nehmen. Außerdem kann festgehalten werden, dass die Sprechweisen der Sprechenden das Verstehen der Lernenden beeinflussten. Dabei nahm der Sprechcharakter mehr negativen Einfluss als die dialektale Färbung. Auch die Verwendung von Metaphern wirkte sich erhöhend auf die Fehlerquote der Sequenz aus. Hintergrundgeräusche wurden von den Lernenden als störend wahrgenommen, führten aber nicht zwangsläufig zu einer höheren Fehlerproduktion. Den Lernenden war bewusst, dass sie nicht jedes Detail verstanden haben, was jedoch auch nicht Lernziel des Materials ist. Die Anzahl der richtigen Antworten steht in Widerspruch zur Selbsteinschätzung mancher Teilnehmenden. Denn obwohl sich einige Lernende unsicher zeigten und nicht immer kompetent genug fühlten, erzielten alle Lernenden ein sehr gutes Ergebnis. Momentaufnahmen könnte an dieser Stelle genutzt werden, um das Selbstbewusstsein der Lernenden im Umgang mit dem Deutschen zu stärken, da eine regelmäßige Rezeption dabei hilft, Hörstrategien zu stärken und an Sicherheit im Umgang mit authentischem Material zu gewinnen. Eine weitere Erkenntnis aus der Studie ist, dass die Strategie des mehrmaligen Wiederholens schwieriger Stellen die Fehlerquote senkte. Obwohl es sich um fakultatives Training handelt, wollten die Lernenden sich weiterhin mit dem Material beschäftigen, da sie es thematisch größtenteils als interessant und nah an ihrer Lebenswelt empfanden. Hier muss angemerkt werden, dass die Konzeption eines Podcasts, der alle Lernenden zufriedenstellt, wohl nicht möglich ist.

Die gewählten Sequenzen des Audios der Prästudie unterschieden sich deutlich in ihrem Niveau. Für kommende Untersuchungen muss darauf geachtet werden, Audiosequenzen zu verwenden, die etwa ähnlich komplex sind. Außerdem besteht die Vermutung, dass die Teilnehmenden im Fragebogen von der semantischen Bedeutung von [-] und [--] im Sinne von „kein Problem“ ausgingen. Die Fragen lauteten allerdings: „Es ist kein Problem für mich, dass ...“ etc., sodass die Antworten [-] und [--] eine Schwierigkeit anzeigen. Auch zu bedenken ist, ob die Lernenden ein Onlinewörterbuch benutzen dürfen, um die Situation des Selbststudiums möglichst real nachzustellen. Das könnte beim Leseverstehen des Blogtextes helfen. Zuletzt muss berücksichtigt werden, dass das verwendete Audio die gewohnte Länge eines Hörverstehens im Unterricht überschreitet und damit die Aufnahmefähigkeit und Konzentration der Lernenden strapaziert. Es wäre außerdem eine Studie nötig, die die Teilnehmenden und eine Kontrollgruppe über einen längeren Zeitraum hinweg begleitet, um die Progression zu messen und die Relation zwischen Resultat, Zeit, Hörverstehenskompetenz und Textschwierigkeit festzuhalten.

Aus diesen Ergebnissen kann für die Arbeit mit authentischen Podcasts im Unterricht Deutsch als Fremdsprache gefolgert werden, dass die Schwierigkeiten aufgrund der Authentizität des Materials im Hörtext bestehen bleiben können und nicht durch Editieren eliminiert werden müssen. Das bedeutet, dass Material mit unauffälligen Hintergrundgeräuschen und unprofessionellen Sprechenden verwendet werden kann. Gleichzeitig sollte authentisches Material trotz lebensnaher Themenkreise nicht unterschätzt werden. Für eine erfolgreiche Arbeit ist es förderlich, im Verwendungsprozess Hörverstehensstrategien zu erarbeiten und an der Steigerung der Selbstsicherheit der Lernenden zu arbeiten. Zudem ist vorteilhaft, dass sich das Material zum Training verschiedener Bereiche einsetzen lässt und sich Fragen niveaugerecht anpassen lassen. Daher müssen Lehrende keine Scheu vor dem Einsatz von authentischen Podcasts haben; vielmehr können sie von dem Interesse der Lernenden für das Medium profitieren.

4 Resümee

Im Kommenden sollen Inspirationen zur Arbeit mit dem analysierten Material gegeben werden. Je nach Lernziel kann diese unterschiedlich ausfallen. Die Aufgaben können von Lehrenden und Lernenden entsprechend konzipiert und justiert werden. Bei diesen Aufgaben sollten die affektiven Faktoren von Stress, Motivation und Selbstwirksamkeit berücksichtigt werden. Für die Motivation ist entscheidend, dass die Aufgaben und Übungen sinnstiftend und authentisch sind. So sind die Lernenden auch der Zielkultur ausgesetzt. Es sollte auch eine adäquate Länge umfassen und Gesprächsanlässe oder produktive Anlässe schaffen, um Texte zu verfassen. Dafür sollte die Arbeit in einen situativen Kontext eingebettet werden.

Auf B1.2-Niveau können die Lernenden laut GER (2001) Vorträge zusammenfassen und dazu Stellung nehmen. Auf B2.1-Niveau sollen sie dann nicht nur eine Meinung vertreten, sondern auch Vor- und Nachteile wiedergeben und selbst erörtern. Darüber hinaus können sie Vermutungen über hypothetische Situationen äußern (vgl. GER 2001: 43f.).

Möchten die Lehrenden zunächst die Strategien der Lernenden stärken, ist es sinnvoll, die Lernenden im Unterricht oder auch im Selbststudium Momentaufnahmen-Sequenzen hören zu lassen. Dann treffen sie Vorhersagen und evaluieren sich selbst und gehen peu à peu im Hörtext weiter. Es wäre auch möglich, den Text einmal komplett anhören zu lassen, um dann kleinere Sektionen je zweimal abzuspielen.

Es wäre denkbar, die Lernenden für ihre Mitlernenden Aufgaben konzipieren zu lassen, die dann ausgetauscht und bearbeitet werden. Dadurch wird ein naher Bezug zwischen Lernenden und Aufgaben geschaffen, was die Motivation und Kooperationsbereitschaft erhöhen kann, von der das Kursklima und letztendlich auch die Lehrperson profitieren. Die Konzipierenden werden sich dadurch ihren eigenen Hörstrategien und ihrem metakognitiven Wissen bewusster. Diese Aufgaben können später auch für kommende Kursgenerationen genutzt werden.

Falls gewünscht, wäre es für eine vorerst stärkere Einbindung in den Unterricht auch realisierbar, den Lernenden unterschiedliche Sequenzen zuzuweisen, die sie selbstständig anhören. Später informieren sie ihre Mitlernenden, was sie gehört haben. Es kann auch thematisiert werden, mit welchen Schwierigkeiten sie konfrontiert waren, was sie dazugelernt haben und ob sie die Episode weiterempfehlen würden. Diese Aufgabe kann mündlich oder schriftlich gelöst werden. Es können dafür die zusätzlichen Links zu jeder Episode genutzt werden. Die Arbeit komplett online zu halten, wäre eine Möglichkeit, um die Lernenden Teil der Online-Community rund um Momentaufnahmen werden zu lassen.

Für eine möglichst authentische und autonome Variante können die Lernenden einen Kommentar unter dem Blogpost zur gehörten Episode verfassen. Darin nehmen sie zunächst zu den Aussagen der Sprechenden Bezug, stimmen ihnen zu oder lehnen sie in einem höflichen Kommentar ab, indem sie ihre Meinung begründen. In einem nächsten Schritt beantworten sie die im Interview gestellten Fragen selbst. Der Kommentar kann tatsächlich veröffentlicht werden, wenn der Lernende dem zustimmt. Alle Aufgaben können von den Lehrenden und Lernenden justiert werden.

Diese ersten Inspirationen lassen sich in der Praxis noch weiterentwickeln. Einer authentischen Anwendung des Materials in der Praxis wird optimistisch entgegengesehen.

Datenverfügbarkeit

Alle relevanten Daten befinden sich innerhalb der Veröffentlichung.

Interessenskonfliktstatement

Die Autor:innen erklären, dass ihre Forschung ohne kommerzielle oder finanzielle Beziehungen durchgeführt wurde, die als potentielle Interessenskonflikte ausgelegt werden können.

Literatur

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Adamczak-Krysztofowicz, S. (2009b). Fremdsprachliches Hörverstehen im Erwachsenenalter: theoretische und empirische Grundlagen zur adressatengerechten und integrativen Förderung der Hörverstehenskompetenz am Beispiel Deutsch als Fremdsprache in Polen. Poznan: Wyd. Naukowe UAM.

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  1. Unter authentischem Material werden hier Hörtexte verstanden, die aus der Realität stammen oder in einer realen Kommunikationssituation eingesetzt werden können. Außerdem weisen sie eine echte Autor:innenabsicht für eine Veröffentlichung auf und sind themenbezogen. Auch von Lernenden werden sie als normal in realer Kommunikation der Zielkultur aufgefasst. Sie stammen aus alltäglichen Quellen und beinhalten authentische Sprache, weil sie von einer breiten Auswahl an Sprechenden produziert wurden. Durch ihre Aktualität sind sie persönlich relevant für die Lernenden.↩︎

  2. Nach GER existieren die Niveaus A1 (Anfänger:innen), A2, B1, B2, C1 und C2 (Erstsprache). Diese lassen sich noch einmal unterteilen in A1.1, A1.2 usw., um ein möglichst genaues Lernerprofil zu kategorisieren. https://www.europaeischer-referenzrahmen.de↩︎

  3. Unter Idiomatik wird hier eine Spracheigentümlichkeit oder Sprechweise einer regionalen oder sozialen Gruppe oder einzelnen Sprechenden verstanden.↩︎

  4. Der Begriff Register steht in der Sprachwissenschaft für Sprachstile, die für bestimmte Situationen charakteristisch sind.↩︎

  5. Partikeln sind Wörter, die grammatikalisch nicht angepasst werden müssen. Sie modifizieren eine Aussage, sind aber selbst kein Satzglied. Aus der Praxis kann berichtet werden, dass ihre Vermittlung an Deutschlernende komplex ist. Beispiele sind ja, eben, halt etc.↩︎

  6. Untersucht wurden die Lehrwerke Netzwerk B1 (Dengler, Rusch & Sieber, 2017), DaF leicht B1.2 (Jentges et al., 2016), Aspekte neu B1+ und Aspekte neu B2 (Koithan et al., 2017, S. 2017b) aus dem Klett-Verlag.↩︎

  7. Der Podcast wurde von der Autorin selbst konzipiert und Ende 2018 aufgenommen. Das Material wurde dann für eine Prästudie im Rahmen ihrer Masterarbeit bearbeitet. Die Prästudie konnte im Rahmen eines freiwilligen One-to-One-Tutoriums von DaF-Studierenden für ERASMUS-Studierende durchgeführt werden. Für die Studie wurde ein Zusammenschnitt von zehn Minuten aus mehreren Folgen zusammengestellt. Die kompletten Folgen des Podcasts und Blogartikel sind über die Website https://itsdanithegirl.wixsite.com/momentaufnahmenaudio (Zugriff am 24.08.2020) aufzurufen.↩︎

  8. https://itsdanithegirl.wixsite.com/momentaufnahmenaudio/audio/willkommen (Zugriff am 24.08.2020).↩︎

  9. Der Zusammenschnitt mit zugehörigem Blogbeitrag findet sich unter https://itsdanithegirl.wixsite.com/momentaufnahmenaudio/post/willkommen (Zugriff am 24.08.2020).↩︎